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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) macht nicht zum ersten Mal eine Kehrtwende.

© imago images/photothek

Die Widersprüche des Professors: Warum jetzt Karl Lauterbachs Kommunikationsstil in der Kritik steht

Verunsichert der Gesundheitsminister die Bürger? Die Opposition wirft Karl Lauterbach chaotische Corona-Kommunikation vor.

Vier Corona-Selbsttests hat Karl Lauterbach in dieser Woche auf Twitter gepostet. Auf dem ersten ist der rote Corona-Strich noch deutlich zu erkennen, doch er fällt von Test zu Test blasser aus und ist auf dem letzten nicht mehr zu sehen.

Gesundheitlich geht es also deutlich bergauf bei dem vierfach geimpften und an Corona erkrankten Gesundheitsminister. Politisch gerät der SPD-Politiker dagegen immer stärker unter Druck.

Im Fokus der Kritik: das Kommunikationsverhalten des Ministers. In den vergangenen Tagen hat sich Lauterbach aus der Quarantäne heraus per Twitter in neue Widersprüche verstrickt. Dabei geht es vor allem um die neuen Coronaregeln, die ab Herbst gelten sollen und auf die sich Lauterbach mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) geeinigt hat. Die Opposition wirft Lauterbach vor, die Bürger zu verwirren.

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Umstritten ist besonders die geplante Regelung, wonach im Falle einer Maskenpflicht in Freizeiteinrichtungen wie Restaurants, Bars oder Fitnessstudios für frisch geimpfte, genesene oder getestete Personen eine Ausnahme gelten soll.

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„Frisch“ geimpft ist aber nur der, dessen letzte Impfung weniger als drei Monate zurückliegt. Kritiker befürchten, dass das den falschen Anreiz setzt, sich alle drei Monate impfen zu lassen oder Menschen sich gar unter Druck fühlen, das zu tun.

Lauterbach hält die Kritik für unsinnig. Kein Mensch wolle sich alle drei Monate impfen lassen, und kein Arzt werde das machen, erklärte er auf Twitter.

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„Glauben Sie im Ernst, dass Menschen sich alle 3 Monate impfen lassen, um ohne Maske in ein Restaurant gehen zu können??????“, schrieb er ungläubig einem Journalisten auf Twitter. Lauterbach begründet die Regelung damit, dass die neuen, angepassten Impfstoffe voraussichtlich für drei Monate vor Ansteckung schützen.

Streit mit der Ständigen Impfkommission

Das Problem mit der Regelung ist aber, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) die vierte Impfung noch gar nicht für alle, sondern erst ab 70 Jahren empfiehlt. Lauterbach selbst sieht das allerdings anders. Er erklärte kürzlich im Gespräch mit dem „Spiegel“, wenn jemand kein Risiko eingehen wolle, würde er in Absprache mit dem Hausarzt auch Jüngeren die vierte Impfung empfehlen.

Wegen des offenen Widerspruchs zur Stiko gab es Kritik. Doch Lauterbach legte noch einmal nach und forderte am Montag eine klare Empfehlung für alle Altersgruppen. Dann jedoch korrigierte sich Lauterbach.

Im ZDF trat er dem Eindruck entgegen, er empfehle eine vierte Impfung für alle. „Ich habe nicht gesagt, für alle die vierte Impfung, ich habe nur darauf hingewiesen, dass wir auch eine Botschaft für die unter 60-Jährigen oder die unter 70-Jährigen benötigen.“ Widerspricht Lauterbach sich also selbst?

CDU-Experte Sorge: Lauterbach setzt Stiko unter Druck

Die Opposition geht hart mit Lauterbachs Kommunikationsstil ins Gericht. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), sagte dem Tagesspiegel: „Der Kommunikationsstil des Gesundheitsministers verunsichert Millionen Menschen.“

Sorge wirft Lauterbach außerdem vor, die wissenschaftlichen Empfehlungen der Stiko zu untergraben und mehr noch: sie als unabhängiges wissenschaftliches Gremium unter politischen Druck zu setzen. Nach seiner Empfehlung der Viertimpfung für Jüngere rudere der Minister nun wieder zurück, kritisiert Sorge.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lauterbach seine eigenen Aussagen wieder einfängt. Im April kündigte er an, dass bald die Isolationspflicht für Infizierte auslaufen solle. Für Lauterbach, der sich selbst als Minister von „Team Vorsicht“ sieht, war das ein überraschender Schritt. In der Talkshow von Markus Lanz machte er eine Kehrtwende und erklärte, dass er diesen Punkt wieder „einkassieren“ werde. Er wolle nicht das Signal senden, Corona sei harmlos.

Linke fordert „Macher“ statt „Mahner“

Kathrin Vogler, die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, bemängelt, Lauterbach werde im Ministeramt seine Rolle als Mahner nicht los, „dabei bräuchte es dort angesichts der großen Herausforderungen einen Macher“. Die Vorschläge der Bundesregierung für den Infektionsschutz im kommenden Herbst seien inkonsistent und schlecht umsetzbar.

Dazu komme, dass eines der zentralen Elemente erfolgreicher Pandemiebewältigung bei Lauterbach in schlechten Händen sei: „War Kommunikation noch als Abgeordneter seine große Stärke, so fehlt es jetzt in der Regierung genau da: an einer klaren, verständlichen und zielgruppengerechten Ansprache der Bevölkerung“, moniert Vogler.

Wenn die Ampel über den Nutzen bestimmter Maßnahmen zanke und der Gesundheitsminister mit der Stiko öffentlich über den Nutzen der vierten Impfung streite, verunsichere das die Bevölkerung maximal, statt klare Orientierung zu geben. Voglers Fazit: „Wenn dann im Herbst die Umsetzung schwierig werden wird, ist das nicht die Schuld der Menschen, sondern einzig und allein der Bundesregierung und da vor allem des Gesundheitsministers.“

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