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Erdogans Welt der Autokraten: Der türkische Präsident (li.) kürzlich mit dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Aliyev.

© Murat CETINMUHURDAR/AFP

Die Türkei ist kein Partner mehr: Die deutschen Waffenlieferungen müssen stoppen

Ankaras Außenpolitik ist eine einzige Provokation seiner westlichen Partner. EU und Nato müssen reagieren. Deutschland allen voran. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was muss eigentlich geschehen, damit die EU, Deutschland voran, die Zurückhaltung gegenüber Recep Tayyip Erdogan aufgibt? Ihn einfach den „türkischen Präsidenten“ zu nennen, fällt übrigens zunehmend schwer; erweckt das doch den Eindruck, in Ankara regiere ein demokratisch gesinnter Politiker.

So ist es aber nicht. Darauf müssen die Europäer, aber auch die Nato dringend reagieren.

Erdogan träumt von einem neuen osmanischen Reich – und handelt auch so. Wie ein Sultan. Die Militärinterventionen, die Brüche des Völkerrechts, dieser Konflikt mit Griechenland und Zypern – immerhin Partnerstaaten in der EU, im Falle Griechenlands auch noch ein Nato-Partner der Türkei selbst – alles das ist eine fortgesetzte Provokation.

Eine Provokation, die sich EU und Nato bieten lassen. Und Erdogan treibt es immer weiter. Warum? Weil er an die Erdgasreserven im östlichen Mittelmeer heran will, ja heran muss: Seine Wirtschaft liegt am Boden, die türkische Lira verfällt.

Erdogan müssen Grenzen gesetzt werden

Trotzdem sollen die Waffenlieferungen weitergehen. Seit Jahren ist die Türkei ein Großabnehmer, im vergangenen Jahr im Wert von 345 Millionen Euro. Außenminister Heiko Maas hält nichts von einem Stopp, wie er am Montag in einem Interview deutlich gemacht hat. Eben weil Ankara Nato-Partner ist und sich die Türkei Waffen sonst in Russland kauft; wie bei Raketen schon geschehen.

Dass es Waffen nach dem Überfall auf die Kurden in Syrien 2019 „ausschließlich für den maritimen Bereich“ sein sollen, macht die Sache aber nicht besser. Denn zur See macht Erdogan ja gerade mobil. Da soll, da kann ein Ende nicht in Sicht genommen werden?

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Doch. Die EU sollte handeln: sofortiger, umfassender Waffenstopp; Einfrieren der Wirtschafts- und Finanzhilfen; Aussetzen der Zollunion. Erdogan müssen Grenzen aufgezeigt werden. Auch wenn er ein Nato-Partnerland vertritt – die Türkei verhält sich unter seiner Führung nicht so.

Deutschland ist auch wegen der Unterstützung von Terrorgruppen gefragt

Genau hier ist Deutschland gefordert. Nicht nur, dass Erdogan sich mit Partnerstaaten anlegt – seine Politik gegenüber Israel ist zusätzlich bedrohlich. An der Nato vorbei hat er russische S-400-Fliegerabwehrbatterien installiert, die, so berichten Experten, auf Israel und Europa gerichtet seien.

Darüber hinaus verstärkt Erdogan die Unterstützung für terroristische Gruppen wie Hamas und Hisbollah, deren Ziel nach wie vor ist, Israel von der Landkarte zu tilgen.

Nun besteht ja die besondere deutsche Verantwortung fort. Sie findet auch darin ihren Ausdruck, dass Kanzlerin Angela Merkel die Sicherheit Israels zur Staatsräson erklärt hat und Außenminister Maas sagt, er sei wegen des Grauens von Auschwitz in die Politik gegangen. Das ist also der Maßstab für ihre Politik. Entsprechend müssen sie handeln. Auch bei Erdogan.

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