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Macrons neue Premierministerin Elisabeth Borne.

© AFP/Ludovic Marin

Die Parlamentswahlen im Blick: Für Macron hängt viel vom Gelingen seiner neuen Premierministerin ab

Frankreichs Präsident hofft, erneut die Parlamentsmehrheit zu erhalten. Premierministerin Elisabeth Borne spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine Analyse.

Sie ist seit mehr als 30 Jahren die erste weibliche Premierministerin. Noch dazu eine, die aus dem linken politischen Lager kommt. Elisabeth Borne arbeitete für den sozialistischen Premierministers Lionel Jospin und für die sozialistische Umweltministerin Ségolène Royale und bringt als ehemalige Ministerin für die ökologische Transformation aktuell sehr wichtige Kompetenzen in der Umwelt- und Klimapolitik mit.

In Frankreich wird der oder die Premierministerin stets vom Präsidenten ernannt, um die Regierungsgeschäfte zu führen. In der Praxis hat aber meist der direkt gewählte Präsident das letzte Wort. Emmanuel Macron hatte sich nach seiner Wiederwahl eine Frau mit ökologisch-sozialem Profil gewünscht, auch um ein Zeichen an die linke Wählerschaft zu senden. Elisabeth Borne, zuletzt Arbeitsministerin, ist also die optimale Besetzung für den Beginn seiner zweiten Amtszeit. Oder?

Macron hat eine Vorliebe für große Worte und schraubt damit mitunter die an ihn gestellten Erwartungen selbst in die Höhe. In der Antrittsrede seiner zweiten Amtszeit hat er gesagt, dass französische Volk habe nicht das auslaufende Mandat verlängert, sondern „einem neuen Präsidenten ein neues Mandat anvertraut“. Schon im Wahlkampf hatte er eine „neue Methode“ für seine Politik angekündigt.

Doch obwohl die neue Premierministerin viele der im Vorfeld gesuchten Kriterien erfüllt, geht von ihr kein starkes Signal der Erneuerung aus. Macron setzt mit ihr auf Kontinuität und Sicherheit, was mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juni von Bedeutung ist.

Loyales Kabinettsmitglied - große Angriffsfläche für die Opposition?

Borne ist seit Macrons erster Wahl 2017 an seiner Seite und war in drei unterschiedlichen Funktionen als Ministerin zuständig. Sie gilt als loyale Politikerin, die sich akribisch in die ihr anvertrauten Themen einarbeitet. Als Verkehrsministerin setzte sie die von heftigen Streiks begleitete Reform der Staatsbahn SNCF durch, als Arbeitsministerin die Reform der Arbeitslosenversicherung.

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Für den Präsidenten, der gegen starken Widerstand das Rentensystem erneuern will, ist das ein Pluspunkt. Für die politische Opposition bietet das allerdings eine große Angriffsfläche. Sie reagierte seit Bekanntwerden der Entscheidung am Montagnachmittag erwartungsgemäß mit Verbalattacken.

Borne stehe für die Senkung des Arbeitslosengeldes für eine Millionen Arbeitslose, die Verschiebung des Atomausstiegs um zehn Jahre und sei für die Rente mit 65, schrieb der linkspopulistische Jean-Luc Mélenchon auf Twitter. „Auf in eine neue Saison der sozialen Misshandlung“, fügte er an. Seine Strategie: Bornes und Macrons Politik gleichermaßen kritisieren. Mélenchon kämpft für eine Parlamentsmehrheit für sein linkes Bündnis und träumt davon, selbst Premierminister zu werden.

Die rechtsextreme Marine Le Pen bescheinigte Macron mit der Wahl Bornes die „Unfähigkeit, Menschen zusammenzubringen, und den Willen, seine Politik der Verachtung, des Staatsabbaus, des Sozialkahlschlags“ fortzusetzen.

Keine Wunschbesetzung?

Neben Bornes großer Nähe zu Macron dürfte die Symbolwirkung ihrer Ernennung auch deswegen geringer ausfallen, weil die Politikerin möglicherweise nicht die Wunschbesetzung gewesen ist. Sie wurde seit der Präsidentschaftswahl vor drei Wochen zwar als aussichtsreiche Kandidatin gehandelt. Macron hat sich aber ungewöhnlich viel Zeit für die Entscheidung gelassen. In jedem Fall hat Macron seinen Wunsch, schnell für frischen Wind zu sorgen, selbst konterkariert.

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Die Anfang Juni anstehende Parlamentswahl ist jetzt die größte Herausforderung für die neue Premierministerin Borne. Sie ist bisher als fleißige Beamte aufgefallen, die sich nie einer Wahl durch die Bevölkerung stellen musste. Als überzeugende Rednerin kennt man sie nicht. Als Macrons Premierministerin muss sie aber dem Präsidenten im Juni zu einer Parlamentsmehrheit verhelfen und in den Wochen bis zum ersten Wahlgang am 12. Juni Akzente im Wahlkampf setzen.

Sie tritt diesmal selbst als Kandidatin an, im nordfranzösischen Department Calvados. Dort muss sie wohl gewinnen, um Premierministerin zu bleiben. Und auch die Parlamentsmehrheit für Macrons Parteienbündnis ist für die Fortführung ihrer neuen Tätigkeit Voraussetzung. Elisabeth Borne ist daher zunächst nur Premierministerin auf Bewährung.

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