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Palästinenser protestieren gegen eine Investorenkonferenz in Bahrain.

© Bilal Hussein,dpa

Die Palästinenser und Trumps Nahost-Plan: Kaum noch Hoffnung auf einen eigenen Staat

Die USA versprechen Milliarden-Investitionen. Doch vor allem die junge Generation ist enttäuscht. Auch von der eigenen Führung.

Zack Sabella muss nicht lange überlegen. Auf die Frage, ob er die Gründung eines Staates Palästina noch miterleben wird, folgt ein rasches „Nein“. Dabei ist Zack Sabella erst 35 Jahre alt und hätte noch ein paar Jahre Zeit. Doch wie viele andere junge Palästinenser ist er mittlerweile überzeugt: „Weder ich noch meine Kinder werden das erleben. Man muss sich für Zukunftsprognosen die Fakten ansehen. Tatsache ist, dass nicht mal Obama, der Palästinenser-freundlichste US-Präsident der vergangenen 30 Jahre, die Zweistaatenlösung erreichen konnte.“

Und die derzeitige US-Administration, so scheint es, will sie nicht erreichen. Wirtschaftliche Unterstützung statt Souveränität lautet deren Devise. Am Dienstag haben die USA den ersten Teil ihres Nahost-Plans bei einem Workshop in Bahrains Hauptstadt Manamah vorgestellt. Bereits in den Tagen zuvor hat das Weiße Haus eine 40-seitige Broschüre veröffentlicht, in der die wirtschaftlichen Ziele zusammengefasst wurden. Mit Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar soll innerhalb der nächsten zehn Jahre unter anderem die Armut halbiert, der Tourismus angekurbelt, ein Korridor zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland gebaut und eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. Von der Zweistaatenlösung ist in dem Text nichts zu lesen.

Auch deshalb boykottieren die Palästinenser den Workshop weitestgehend. Nur wenige private Geschäftsmänner sind Berichten zufolge angereist. Die Palästinenserführung pocht hingegen weiterhin auf Souveränität: „Geld ist wichtig. Die Wirtschaft ist wichtig. Aber die Politik ist wichtiger“, sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Ramallah. Erst wenn es eine politische Lösung, basierend auf internationalem Recht und einer Zweistaatenlösung, gebe, werde man derartige Hilfen willkommen heißen. „Bislang lehnen wir den Deal des Jahrhunderts ab“, so Abbas. Für ihn steht fest: „Die Konferenz wird nicht erfolgreich sein.“

Für viele junge Palästinenser kommen die Pläne der Amerikaner nicht überraschend – im Gegenteil. Sie haben, wie Zack Sabella, die Hoffnung auf einen eigenen Staat längst aufgegeben. Viele seiner Freunde, so erzählt der junge Vater von zwei Töchtern aus Ost-Jerusalem, seien auf der Suche nach einem normalen Leben in den vergangenen Jahren ausgewandert - in die USA, nach England, Australien und Kanada. Und viele, die geblieben sind, haben mittlerweile andere Ziele, erklärt Khalil Shikaki, Politikwissenschaftler und Direktor des Palestinian Center for Policy and Survey Research. „Den jungen Palästinensern wäre eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage sehr willkommen. Ihre Verzweiflung hat dazu geführt, dass sie mittlerweile größtenteils eine Ein-Staaten-Lösung befürworten, mit gleichen Rechten für Palästinenser und Israelis.“

Gefahr eines Gewaltausbruchs

Das heiße nicht aber nicht, dass die jungen Palästinenser die Pläne der Trump Administration guthießen: Ihnen sei klar, dass die USA nicht ihr Wohl, sondern eher das der Israelis im Sinn habe, erklärt Khalil Shikaki. Gleichzeitig sei die junge Generation auch über die eigene Führung enttäuscht, die seit Jahren die Zweistaatenlösung proklamiere, damit aber gescheitert sei. „Für sie ist diese Zweistaaten-Elite korrupt und autoritär. Sie fürchten, dass ein eigener Staat so aussehen würde, wie die anderen Staaten in der arabischen Welt.“

Doch auch die Einstaaten-Befürworter dürften Schwierigkeiten haben, ihre Ziele und ihren Wunsch nach Gleichberechtigung durchzusetzen. Wenn ihre Enttäuschung und die Frustration der Zweistaaten-Anhänger erst einmal zusammenkommen, hält Shikaki einen signifikanten Gewaltausbruch für möglich. Bislang allerdings halten sich die Proteste in Grenzen: hunderte Palästinenser sind am Montag im Westjordanland auf die Straßen gegangen, um gegen die Bahrain-Konferenz zu demonstrieren.

Vor allem junge Palästinenser im Westjordanland haben sich ins Privatleben zurückgezogen. Zack Sabella spricht von einer Konsumgesellschaft: „Die Menschen sind sehr damit beschäftigt, ihre Kredite abzuzahlen. Klar ist Politik ein Thema, abseits der Parteipolitik.“ Doch bislang wurde davon nichts in die Tat umgesetzt. „Es scheint, als warten alle auf das Ende der Trump-Administration. Alle hoffen, dass jemand folgt, der beide Seiten versteht und Druck auf Israel ausübt.“ Sabella ist sich bewusst, dass Trump auch noch weitere vier Jahre im Amt bleiben könnte. „Dann werden wir einen kritischen Punkt erreichen, an dem wir entscheiden müssen, wie wir weitermachen.“

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