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Vielfalt? In der ersten Reihe sieht es nicht danach aus.

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Die neue Regierung: Vielfalt im Kabinett? Fehlanzeige!

Ein einziger Minister mit Migrationshintergrund – das ist armselig für eine Regierung, die sich fortschrittlich nennt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Dernbach

Das werden Bilder, Kanzler Scholz! Das Ziel der paritätischen Männer-Frauen-Besetzung hat der künftige Bundeskanzler erreicht, allerdings nur indem er im eigenen Feld nachlegte, wo die kleinste Koalitionspartnerin, die FDP, sich ziemlich schamlos wurschtig zeigte: Ihre Ministerriege - drei Männer in Schlüsselressorts, eine Frau - sieht aus wie späte Ära Adenauer. Wie vor 60 Jahren ist das wichtigste Auswahlkriterium der Ministrablen nicht der Kopf, sondern das Geschlecht.

Also gerade noch alles gutgegangen mit der Gleichstellung? In puncto Mann-Frau wird es auf Gruppenbildern des Kabinetts mindestens so wirken. Weniger im Regierungsalltag, man erinnert sich: Nichts, um die Armutsfalle Minijobs zu sperren, der Einstieg in ein Familiensplitting unverbindliche Absichtserklärung – auch hier scheint die liberale Herrenriege ganze Arbeit geleistet zu haben, gegen anscheinend schwachen Widerstand des neuen Kanzlers Scholz.

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Der sich ja auch die gönnerhaft-abgegriffene Floskel von den “starken Frauen” in seiner Regierung wieder nicht verkneifen mochte. Nicht einmal fotogen wirkt Scholz’ Kabinett aber, was die Vielfalt der deutschen Gesellschaft über Geschlechterfragen hinaus betrifft: Der Grüne Cem Özdemir ist der tatsächlich einzige Minister mit Migrationshintergrund. Das ist im Jahre 2021 armselig.

Ganz besonders für die SPD: Was hätte dagegen gesprochen, zum Beispiel das Innenministerium mit einer Person zu besetzen, die Racial Profiling aus eigener Erfahrung kennt? Da gibt es auch in der SPD profilierte Köpfe. Und was sagt es uns, wenn die Stelle der mindestens symbolisch wichtigen Staatsministerin für Integration eine junge, noch völlig unbekannte und vermutlich politisch kaum erfahrene Frau bekommt?

Doch wohl: Hauptsache, sie macht keinen Ärger. Gerade auf diesem Posten wäre aber eine alte Häsin nötig, auch gern ein alter Hase, erfahren im Strippenziehen und mit Hausmacht. Dass es anders kommt, zeigt nur, dass die Einwanderungsgesellschaft in der Wirklichkeit nach wie vor weiter ist als in den Köpfen der so genannten großen Politik.

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