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Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD

© dpa/Michael Kappeler

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: „Steuerzangenbowle“ – Esken erntet Spott für Ideen zum demokratischen Sozialismus

+++Twitter-Nutzer dichten über #Eskenfilme+++Merkel und Putin nähern sich gezwungenermaßen an+++Spahn blockiert Sterbehilfe+++

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Was überrascht? Die Harmonie zwischen Wladimir Putin und Angela Merkel. Bis zu „Liebesgrüße aus Moskau“ reicht das Schlagzeilen-Spektrum. Vorbei die Zeiten, als Putin den Labrador Kony um die Kanzlerin herumschleichen ließ, wissend um Merkels Hunde-Phobie. Nun dankt der russische Präsident Merkel „von Herzen“ für ihren Besuch und unterstützt ihre Idee einer Libyen-Konferenz in Berlin, um ein neues humanitäres Drama zu verhindern. 

Was Merkel an ökonomischer Macht hat, hat Putin an militärischer – vom Iran über Syrien, Irak bis Libyen mischt er mit. Die deutsche Wirtschaft wird nun den Druck erhöhen, die Sanktionen wegen der Krim-Annexion zu lockern. Bei einer, die das unterstützt, ist Merkel am Montag zum Neujahrsempfang zu Gast: Bei Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD). Merkels Widersacher Friedrich Merz warnt, Russland als Ordnungsmacht im Mittleren und Nahen Osten anzuerkennen. Russland sei dort nicht Ordnungsmacht, „sondern Kriegspartei“.

Wer blockiert? Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – und zwar alle Anträge auf Sterbehilfe. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat auf Weisung Spahns 102 Anträge abgelehnt. Wie das BfArM dem „Tagesspiegel“ mitteilte, gebe es in 31 weiteren Fällen noch keine Entscheidung.

Zwar ist die Bonner Behörde aufgrund eines Urteils seit 2017 verpflichtet, die Anträge Schwerstkranker auf tödliche Medikamente im Einzelnen zu prüfen. Allerdings hat Spahn persönlich das BfArM anweisen lassen, die Begehren eigentlich pauschal zurückzuweisen. 

24 Patienten sind in der Wartezeit verstorben. Ende Februar will das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil zum Verbot organisierter Sterbehilfe fällen, das auf Spahns Vorgehen Einfluss haben kann. Das Verwaltungsgericht Köln hat das Ministerium aufgefordert, seinen Umgang mit dem Thema transparenter zu machen: So sollen Spahns Beamte Informationen zu einer Ministervorlage herausgeben, in der sie das Karlsruher Verfahren zum Paragraf 217 bewerten. Dies haben die Kölner Richter nach einer Auskunftsklage des „Tagesspiegel“ im Eilverfahren entschieden.

Wer ist genervt? Wolfgang Ischinger. „Den Spruch „mehr Verantwortung“ kann ich nicht mehr hören“, meint der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz mit Blick auf die jetzt wieder oft geäußerte Forderung „mehr Verantwortung zu übernehmen“, um einen Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten zu verhindern. „Seit 6 Jahren nur heiße Luft!“ Es müsse Tacheles geredet werden angesichts der Zuspitzung der Krisen und der schwachen EU-Rolle. Bei der Durchsetzung europäischer Interessen müsse man mal zur Kernfrage kommen: der der Mitte. Bei der Sicherheitskonferenz Mitte Februar (Infos hier) wird es an Gesprächsstoff nicht fehlen.

Wer wird verspottet? Die neue SPD-Chefin Saskia Esken. Nachdem sie die Platte vom Ziel eines „demokratischen Sozialismus“ wieder aufgelegt und mehr Umverteilung gefordert hatte, dichteten Twitter-Nutzer unter dem Hashtag #Eskenfilme Filmtitel um, einige Vorschläge: „Steuerzangenbowle“„Vier Prozent für ein Halleluja“; „Milchmädchenreport – Was Wähler nicht für möglich halten“; „Das Nehmen ist schön“; „Wenn der Fiskus zweimal klingelt“; „Fräulein Eskens Gespür für Steuern.“ Ein erneut typisches Beispiel für Twitter-Debatten und ihr Niveau – auch die AfD mischte kräftig mit. Die SPD-Politikerin Derya Türk-Nachbaur aus Baden-Württemberg kommentierte die Debatte so: „Noch nie wurde in Deutschland versucht, eine Parteivorsitzende dermaßen systematisch herunterzuschreiben“. #Eskenfilme sei ein weiterer, schlechter Versuch dafür.

Was bringt die Woche? Am Dienstag empfängt der iranische Botschafter Mahmoud Farazandeh Bundestagsabgeordnete und Mitglieder der Deutsch-Iranischen Parlamentariergruppe; Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht Mittwoch das Stasi-Unterlagen-Archiv anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Erstürmung der Stasi-Zentrale; der U-Ausschuss zur Pkw-Maut kommt am Donnerstag zusammen und die CDU-Spitze um Annegret Kramp-Karrenbauer geht am Freitag in Hamburg in Klausur

Der wichtigste Termin dürfte innenpolitisch dieser hier sein: Das Parlament entscheidet am Donnerstag über die Regelung von Organspenden – Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will eine doppelte Widerspruchslösung. Demnach würde jeder, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hat, bei einem Hirntod automatisch Organspender – es sei denn, die Angehörigen wissen, dass er dies nicht wollte. Der andere Gesetzentwurf sieht die Entscheidungslösung vor. Demnach soll eine Organentnahme ohne ausdrücklich geäußerten Willen des Spenders weiter nicht möglich sein. Allerdings soll die Spendebereitschaft regelmäßig erfragt werden.

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