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Die kommissarischen Parteivorsitzenden der SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel (l-r), Malu Dreyer und Manuela Schwesig

© Wolfgang Kumm/dpa

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: So funktioniert die Suche nach zwei neuen SPD-Parteichefs

Die Bewerbungsfrist für die SPD-Doppelspitze hat begonnen. +++ Wie Merkels Sherpa in Osaka kämpfte. +++ Warum Olaf Scholz auf dem G20 grinste.

Wer hat ein Problem? Die deutschen Bauern. Während Angela Merkel den Beschluss für ein Freihandelsabkommen zwischen EU und den vier südamerikanischen Mercosur-Staaten auch als persönlichen Erfolg verbuchen kann, fürchten die Landwirte durch die Öffnung für zollfreie Agrarprodukte und Fleisch aus Argentinien und Brasilien erhebliche Einbußen.

Bis zu eine Milliarde Euro für EU-Bauern stellt EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan schon mal vorsorglich an Hilfen in Aussicht.

Hier eine Übersicht über bisherige Zollsätze, Spitzenreiter sind Pfirsiche in Dosen aus Europa mit 55 Prozent Aufschlag: trade.ec.europa.eu – ein Interview zum Glyphosat-Problem bei dem Deal hier.

Wer grinst? Olaf Scholz. Gut, die SPD-Lage macht ihm wenig Freude, aber neben der Kanzlerin war beim G20-Gipfel in Osaka ein erstaunlich gut gelaunter Vizekanzler zu sehen. Denn Merkel musste in Osaka endgültig ihren Kandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, Manfred Weber (CSU) preisgeben.

Und Scholz, der nach dem Rücktritt von Andrea Nahles die Fäden für die deutschen Sozialdemokraten im EU-Postenpoker zog, konnte plötzlich auf ein Durchsetzen des Zweitplatzierten Frans Timmermans hoffen, ein niederländischer Sozialdemokrat von echtem Korn und Schrot. Scholz hat übrigens vor einigen Wochen auf genau dieses Szenario getippt.

Wer hat gekämpft? Lars-Hendrik Röller. Der Einsatz des Gipfelsherpas der Kanzlerin war noch kräftezehrender als sonst. In Osaka schlief er kaum – nur um die USA davon abzuhalten, dass gar nichts mehr zum Klima in der Abschlusserklärung steht und der Gipfel scheitert.

Am Ende nahmen mehrere Staats- und Regierungschefs Donald Trump persönlich ins Gebet. So wurde immerhin die 19:1-Front bei der Haltung zum Paris-Abkommen bestätigt. Dafür durften die USA in Punkt 36 der Abschlusserklärung behaupten: „The United States is a world leader in reducing emissions.“ (Hier das ganze Kommuniqué: consilium.europa.eu)

Trump erläuterte in einer Arbeitssitzung auch, dank ihm seien die Kurse der New Yorker Wall Street so hoch wie nie. Der Multilateralismus ist gerade außer Mode, Trumps Spitzname in der G20-Runde: „Chef“.

Wer darf sich bewerben? Alle knapp 440.000 Bürger mit SPD-Parteibuch. Ab heute läuft die zweimonatige Bewerbungsfrist für die Parteispitze.

Hier nochmal das Verfahren, einfach erklärt: Bewerben können sich Doppelspitze oder Einzelbewerber, am Ende kann eine Doppelspitze gewinnen oder auch nur eine Person. September bis Oktober Vorstellung aller Kandidaten auf 20 bis 30 Regionalkonferenzen.

Aber antreten dürfen nur Kandidaten, die fünf Unterbezirke, einen Bezirk oder einen Landesverband hinter sich haben. Dann Mitgliederbefragung, Ergebnis 26. Oktober. Kommt niemand auf 50 Prozent, zweite Mitgliederbefragung der beiden Bestplatzierten Tandems/Einzelbewerber.

Bundesparteitag 6 bis 8. Dezember, der den oder die Sieger bestätigen muss. Hat sich eine Doppelspitze durchgesetzt, muss der Parteitag erst noch die Satzung ändern. Ein Genosse meinte letztens: Die haben das extra so lang und kompliziert sind, damit alle so ermattet sind, dass man nicht auch noch die Koalition sprengen will. Hier die Langversion des „Vorwärts“ zum Verfahren.

Wer feiert? Passend zum Bewerbungsstart wird ein Heißgehandelter heute 30 Jahre alt, Juso-Chef Kevin Kühnert. Er feiert den Geburtstag bei der Beachvolleyball-WM in Hamburg, einen BMW gibt’s als Geschenk sicher nicht (Glückwünsche an kevin.kuehnert@spd.de).

Gab es für ihn trotz allem einen politisch besonders schönen Moment zuletzt? „Ja, als der Berliner Senat den Mietendeckel beschlossen hat. Weil er hilft, weil die Idee aus meiner Partei kam und weil es eben doch einen Unterschied macht, wer regiert“. Und mag er nach der Sozialismus-Aufregung noch Twitter? Ja, Kühnert sieht den Dienst in unübersichtlichen, schnellen Zeiten als „großes Geschenk“.

„Jemand hat mal über die Funktionsweise sozialer Netze gesagt: „Important news will reach me.“ Genau so ist es auf Twitter“. Wenn er sich mal entspannen will, schaut der eingefleischte Tennis-Borussia-Fan derzeit übrigens am liebsten Sport. „Völlig egal welchen. Völlig egal wo.“

Zum Start in die Woche ein kleines Quiz: Welches Stadion ziert das Hintergrundbild auf Kühnerts Twitter-Profil? Antworten an georg.ismar@tagesspiegel.de – Wer zuerst die richtige Antwort schickt, gewinnt eine Kaffeetasse vom G20-Gipfel in Osaka. Natürlich aus recyceltem Material.

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