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Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin

© dpa/EPA/Abir Sultan

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Rivlins große Geste des Zutrauens

+++Israels Präsident spricht im Bundestag+++Johnson lässt Huawei bei 5G mitmachen+++Kammergericht ist ein Scheunentor für Hacker+++

Von Robert Birnbaum

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Der Bundestag erfährt heute eine Ehre, die alles andere ist als selbstverständlich. Reuven Rivlin, Präsident des Staates Israel, hätte allen Grund, nicht in der Holocaust-Gedenkstunde vor dem deutschen Parlament zu sprechen.  Nicht in einem Land, in dem alter Hass auf Juden und neuer Hass auf Fremde eine neue üble Mischung eingehen – dem Attentäter von Halle war zuletzt egal, ob Synagoge oder Döner-Imbiss. Nicht in einem Saal, in dem eine Fraktion sitzt, deren Wortführer von „Vogelschiss“ reden und von einer „erinnerungspolitischen Wende“. Aber Rivlin, geboren in Jerusalem fünf Jahre bevor die Rote Armee die letzten Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreite, kommt trotzdem. Sein Auftritt ist eine große Geste des Zutrauens und der Ermutigung für alle Menschen guten Willens.

Der 5G-Streit um Huawei, den die Kollegen vom Background Digitalisierung sachkundig hier noch einmal eingeordnet haben, nähert sich einer Entscheidung. Heute wird die EU-Kommission ihre Empfehlungen dazu abgeben, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen der chinesische Elektronik-Konzern am Aufbau des Mobilfunknetzes der Zukunft mitwirken sollte. Gestern ging Boris Johnson voran. 

Die britische Regierung gab ein eingeschränktes Okay. Im 5G-Netz der Insel darf Huawei-Technik nicht in die Nähe besonders kritischer Infrastruktur kommen, und die Chinesen dürfen nicht mehr als ein Drittel der Komponenten liefern. Johnsons Entscheidung ist umso bemerkenswerter, als er sich damit vom künftigen Verbündeten Nr. 1 absetzt. Donald Trump rief denn auch gleich an. Über die Lautstärke der Unterhaltung wurde nichts bekannt. Die USA warnen seit Monaten jeden vor der China-Technik und malen das Schreckensbild einer Kommunistenherrschaft durch die Daten-Hintertür aus.

Das scheint aber die Erben James Bonds nicht überzeugt zu haben. Der MI5 weiß als Mitglied im „Five Eyes“-Club der angelsächsischen Geheimdienste wahrscheinlich besser als andere, dass chinesische Spionage sich von amerikanischer Spionage nur geringfügig unterscheidet – und man mit beiden einfach rechnen muss.

Wir sollten vielleicht ebenfalls aufhören, uns übertriebene Sorgen wegen der Chinesen zu machen, so lange es die Berliner Justiz völlig ohne volksrepublikanische Hilfe schafft, praktisch alle Akten des Kammergerichts Hackern zugänglich zu machen. Sensible Daten wie etwa medizinische Gutachten sind dabei inbegriffen. Wie ausgiebig die Angreifer das offene Scheunentor genutzt haben, ist ungeklärt. Der Fall bestätigt indes die alte Erkenntnis: Das größte Sicherheitsrisiko ist immer der Mensch in seiner Bräsig- und Trottelhaftigkeit.

Das neue Coronavirus 2019-nCoV ist definitiv in Deutschland angekommen. Der Autozulieferer Webasto macht seinen Standort in Stockdorf nahe München mindestens bis Sonntag dicht, nachdem bei drei weiteren Mitarbeitern eine Infektion nachgewiesen worden war.  Der Hersteller von Autodächern und Standheizungen hat in China zehn Werke, darunter in Wuhan, der Ursprungsstadt des neuen Erregers. Schon der erste deutsche Fall war ein Webasto-Angestellter. Das Virus erwischte ihn auf Umwegen – bei einer Schulung, an der eine Chinesin aus Shanghai teilnahm, deren Eltern in Wuhan wohnen.

Berlin meldete ebenfalls einen Verdachtsfall. Am Abend gab es Entwarnung: Eine Senatssprecherin teilte mit, dass die Frau aus Charlottenburg-Wilmersdorf sich das gefährliche Virus nicht eingefangen hatte – der Test war negativ. Sie war vor kurzem noch in der Provinz Hubei. So vielfältig wie die Kontakte und Reisen in der globalisierten Welt inzwischen sind, muss mit weiteren Fällen gerechnet werden. Regelmäßiges Händewaschen bleibt eine gute Idee, aber das gilt in der Grippe- und Schnupfensaison ja sowieso.

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