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Baustelle des brasilianischen Druckwasserreaktors Angra III

© picture alliance/Helmut Reuther/dpa

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Grüne fordern Ende der Atom-Kooperation mit Brasilien

Kritik an deutscher Unterstützung für ein brasilianisches Kernkraftwerk +++ Olaf Scholz überraschte mit einem Taktikwechsel +++ Grüne Erfolge in Großstädten.

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Was überrascht? Dass sich das Blatt in der großen Koalition wenden könnte. Der Taktikwechsel der SPD hat sich gerade für Olaf Scholz bezahlt gemacht – er hat mal nicht nur das versucht zu erreichen, was im Koalitionsvertrag steht.

So stellten er und Arbeitsminister Hubertus Heil im Mai ein Grundrentenkonzept ohne Bedarfsprüfung vor, das weit über den Koalitionsvertrag hinausging. Sie kämpften und bekamen mehr, als im Vertrag vereinbart war. Ein Grund mehr, um Scholz zur Belohnung zusammen mit Klara Geywitz den Parteivorsitz zu übertragen. Auch ihre Konkurrenten, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, können nichts sagen gegen den Kompromiss, der rund 1,5 Millionen einen Rentenaufschlag beschert.

Bei einem Sieg wäre Scholz der natürliche Kanzlerkandidat, während CDU/CSU die Klärung dieser Frage noch vor sich haben. Dort wächst nun der Verdruss über die Koalition und die SPD-Erfolge, weil die gerupfte SPD vor Neuwahlen plötzlich geordneter dastehen könnte. Wie Scholz schon 2016 sagte: „Wenn wir einen Kandidaten aufstellen, den die Bürgerinnen und Bürger als Kanzler wollen, wirkt sich das bei Wahlen aus, das gibt schnell zehn Prozentpunkte obendrauf.“

Was soll gestoppt werden? Die Atom-Kooperation mit Brasilien. Am 27. Juni 1975 schlossen die dortige Militärdiktatur und die Bundesregierung des damaligen Kanzlers Helmut Schmidt (SPD) ein Abkommen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der „friedlichen Nutzung der Kernenergie“ – es ist bis heute in Kraft. So soll noch mit Komponenten aus Deutschland der Bau des Atomkraftwerks Angra III vollendet werden, das dem Modell des hierzulande stillgelegten Reaktor Grafenrheinfeld entspricht.

Die Grünen-Fraktion fordert nun in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Antrag von Kanzlerin Angela Merkel, die turnusgemäß zum 17. November dieses Jahres mögliche Kündigung des Atomvertrages zu vollziehen – am Mittwoch wird der Antrag im Umweltausschuss debattiert, Donnerstag im Plenum abgestimmt.

Begründet wird dies mit Sicherheitsbedenken und einem Widerspruch zur Atomausstiegspolitik. Angra III liege in einer erdrutschgefährdeten Bucht an der Atlantikküste zwischen Rio de Janeiro und São Paulo.

Welcher Trend sorgt CDU und SPD? Die Grünen-Erfolge in den Großstädten. Es ist ein schönes Signal, dass solche Karrieren und Ergebnisse wie im Fall Belit Onay möglich sind. Dass seine Eltern aus der Türkei kamen, habe im Wahlkampf „erfrischend wenig Bedeutung“ gehabt, sagt der künftige Oberbürgermeister Hannovers.

Er reiht sich ein in eine Entwicklung, die sich nach der OB-Premiere (in Freiburg regierte Dieter Salomon von 2002 bis 2018) verstärkt hat: In Tübingen ist Boris Palmer seit 2007 Oberbürgermeister. Fritz Kuhn eroberte 2012 als erster Grüner in Stuttgart das Rathaus einer Landeshauptstadt. In Darmstadt regiert Jochen Partsch.

Und der gebürtige Münchner Stefan Fassbinder setzte sich 2015 in Greifswald durch. Für die Unions-Führung sind die Grünen die neuen Hauptgegner, sie versucht sich in Abgrenzung zur Ökopartei als Anwalt der Landbevölkerung in Szene zu setzen. Zum entscheidenden Test, gerade auch für die dort noch starke SPD, wird die Kommunalwahl im September 2020 in NRW.

Wer ist sauer? Die „Parents for Future“ – und zwar auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser hatte im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt, die Bewegung wolle die „Demokratie immer kleiner“ reden und beschreibe „apokalyptische Bedrohungen“.

Nun haben sich die Eltern der demonstrierenden Schüler zu Wort gemeldet – die „Parents for Future“. Man stelle sich den Aussagen „entschieden entgegen”. „Unsere Bemühungen, eine wirksame Klimaschutzpolitik in Deutschland durchzusetzen, basieren auf der rechtsstaatlichen Ordnung.” Man gestalte Politik über Demonstrationen, Petitionen, gesellschaftliche Aufklärung und kommunalpolitisches Engagement. “Alle diese Aktionen sind strikt gewaltfrei.”

Wer will Funklöcher stopfen? Die Mobilfunkriesen – und zwar gemeinsam. Telekom, Telefonica und Vodafone wollen beim Ausbau ihrer Netze zusammenarbeiten und die Infrastruktur gemeinsam nutzen. Ziel sei eine optimale mobile Breitbandversorgung für Kunden in ganz Deutschland, vor allem im ländlichen Raum und entlang der Verkehrswege auf Straßen, Schienen und Flüssen, berichten die Kollegen des Tagesspiegel Background Mobilität & Transport. Um den Empfang im ICE zu verbessern, Funklöcher auf der Landstraße genauso wie quälend langsames Internet zu beheben, versprechen die Telekommunikationskonzerne in einer Absichtserklärung eine konzertierte Aktion.

6000 neue Mobilfunkstandorte sollten aufgebaut werden. Spätestens im Frühjahr 2020 sollen die baulichen Details der Kooperation vertraglich festgelegt werden. Die Bundesnetzagentur hat bereits erklärt, dass die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur sinnvoll sei.

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