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Annegret Kramp-Karrenbauer winkt mit Friedrich Merz nach ihrer Ernennung zur CDU-Vorsitzenden (Archiv).

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Friedrich Merz kann nicht den Oskar Lafontaine machen

+++ Die CDU hat ein „Überrumpelungsverbot“ +++ Groko-Knatsch um die Grundrente +++ Digitale Weiterbildung mit MILLA +++

Von Robert Birnbaum

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Manchmal spekulieren wir hier in unserer Redaktionsstube ein bisschen rum. Zum Beispiel so: Was wäre eigentlich, wenn demnächst beim CDU-Parteitag Friedrich Merz eine derart flammende Rede hält, dass die Delegierten spontan begeistert beschließen, Annegret Kramp-Karrenbauer zu stürzen? So wie seinerzeit Oskar Lafontaine bei der SPD Rudolf Scharping wegputschte?

Anruf bei Sachkundigen. Die Sachkundigen blättern in Satzungen, dann die Auskunft: Theoretisch ja, spontan aber nicht. Bei der SPD stand damals eine reguläre Vorsitzendenwahl an. Bei der CDU erst im nächsten Jahr. Theoretisch könnte sie außer der Reihe beantragt werden. Aber im Parteienrecht gibt es ein „Überrumpelungsverbot“. Das schützt die Delegierten davor, wichtige Entscheidungen Hals über Kopf treffen zu müssen. Der Antrag müsste deutlich vor Beginn des Parteitags vorliegen. Und wieder ist eine Spekulation an der schnöden Wirklichkeit zerschellt.

Die schnöde Wirklichkeit der CDU ist aber auch ohne Putsch schwierig genug. Aktuell beutelt der Streit um die Grundrente die Partei und die Fraktion. Dahinter steckt ein kleinerer sachlicher Kern: Der geplante Verzicht auf eine komplette Bedürftigkeitsprüfung könnte zu neuen Ungerechtigkeiten führen. Hauptquell des Widerstands gegen einen Kompromiss ist aber der anschwellende Unwille in der Unionsfraktion, der SPD nur deshalb über den Koalitionsvertrag hinaus entgegen zu kommen, weil die ständig den Koalitionsbruch an die Wand malt. „Dann sollen sie doch endlich gehen!“ sagt mir ein genervter CDU-Abgeordneter. Eine starke CDU-Führung könnte diesen Widerstand überwinden. Eine nicht so starke kann an ihm scheitern.
Um die digitale Zukunft der CDU ist es dagegen gar nicht so schlecht bestellt. Die Partei will ihre Mandatsträger mit einem eigenen Weiterbildungsangebot ins Neuland führen. Das Projekt basiert auf einer E-Learning-Plattform der Bochumer Firma Masterplan.com – kurze Videos, in denen Prominente wie Trivago-Gründer Rolf Schrömgens oder Daniel Krauss von Flixbus erklären, was sich hinter „Blockchain“ oder „exponentiellen Technologien“ verbirgt. Die CDU, erläutern unsere hauseigenen Spezialisten vom Background Digitalisierung, stellt dazu eigene Videos, in denen Parteichefin Kramp-Karrenbauer oder die Digitalexperten Thomas Jarzombek und Thomas Heilmann das Ganze noch mal für den parteipolitischen Hausgebrauch einordnen. Das Projekt ist zugleich ein Probelauf für MILLA. Das soll eine Plattform werden, die, so hat es der CDU-Parteitag 2018 beschlossen, irgendwann jeder Bürger kostenlos zur Weiterbildung nutzen soll. Was MILLA heißt, müssten wir eigentlich stilgerecht per Video erklären, aber mangels eines solchen hiermit ganz altmodisch schriftlich: „Modulares Interaktives Lebensbegleitendes Lernen für Alle“.

Das Bundesverfassungsgericht fällt heute ein Urteil, das für die betroffenen Menschen, aber auch für die politische Debatte so oder so folgenreich sein wird. Im Kern geht es um die Frage, ob Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger auch dann noch mit der Menschenwürde vereinbar sind, wenn das Einkommen zeitweise unter das Existenzminimum rutscht. Bisher gilt: Meldet sich ein Hartz-IV-Empfänger hartnäckig nicht beim Amt, verweigert zumutbare Arbeit und nimmt auch an Fortbildungen nicht teil, kann ihm das Sozialamt im Extremfall die Hilfe komplett streichen. Das Sozialgericht Gotha hatte Zweifel, ob das nicht zu weit geht, und legte einen Fall in Karlsruhe vor. Wie immer pünktlich um 10 Uhr verkünden die obersten Richter ihren Spruch.

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