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Das Konterfei von Walter Lübcke (CDU) ist am Sarg bei einem Trauergottesdienst in der Martinskirche zu sehen.

© dpa

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Die Union kämpft gegen den Rechtsruck

Auf den Bundestagsfluren geht es um die Folgen des Mordfalls Lübcke. Auch Facebook und Gesine Schwan sind Gesprächsthemen. Unser Nachrichtenüberblick am Morgen.

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Was wird im Bundestag diskutiert? Auf den Fluren geht es viel um die Folgen aus dem Mordfall Lübcke. Dem menschenrechtspolitischen Sprecher von CDU/CSU im Bundestag, Michael Brand, ist nun der Kragen geplatzt – er war enger Weggefährte von Lübcke. Ein Auszug aus einer internen Mail an die CDU/CSU-Abgeordneten: „Wir müssen die Dinge endlich beim Namen nennen. Der rechtsextremistische Terror hat ein Umfeld von Sympathisanten, und die kommen zu einem großen Teil aus der AfD.“ Und weiter schreibt Brand, der gerade mit Kollegen aus anderen Parteien Hilfszahlungen für die Opfer der Colonia Dignidad durchgesetzt hat und nebenbei den 1. FC Köln Fanclub des Bundestags leitet: „Wir dürfen als Abgeordnete des Deutschen Bundestages nicht länger feige abtauchen. Es ist und war immer eine zentrale Aufgabe der liberalen und konservativen Mitte in unserem Land, das Abdriften von Teilen der gesellschaftlichen Mitte an die Ränder zu stoppen. Dies tun wir schon länger nicht mehr in ausreichendem Maß.“

Wer will helfen? Bei Facebook kommt man angesichts der Hetze im Netz, etwa nach dem Lübcke-Mord, ins Grübeln. Der US-Konzern will die Bundesregierung nun bei der Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) unterstützen. „Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir uns unwohl fühlen mit der Rolle, wie ein Gericht handeln zu müssen und zu entscheiden, dass wir Inhalte von der Plattform nehmen müssen – nur um dann von einem Gericht wieder dazu verpflichtet zu werden, den Beitrag wieder zu veröffentlichen“, sagt Nick Clegg, früher Vize-Premierminister von Großbritannien und heute der „Außenminister“ des Konzerns, dem Tagesspiegel. Aber „vergiftete, ordinäre oder beleidigende Sprache“ sei „keine Erfindung des Silicon Valley, sondern sie gehört leider nun mal zur menschlichen Natur dazu“. Jede Technologie sei bisher dafür genutzt worden, „um Gutes und Schlechtes zu tun“. Etwa das Radio, das auch zu Propaganda und Hetze genutzt worden sei.

Wer überrascht? Gesine Schwan. Da es an anderen offiziellen Bewerbern bisher mangelt, erlebt die frühere Präsidentschaftskandidatin mit 76 Jahren ihren zweiten (medialen) Frühling. Nun bringt sie sogar eine Doppelspitze mit Juso-Chef Kevin Kühnert ins Spiel. Ohne ihn gefragt zu haben. Ansonsten bleiben alle Kandidaten in der Deckung – ab 1. Juli sollen die Bewerbungen eingereicht werden. „Das wird eine reine Selbstbeschäftigung, danach stehen sie bei neun Prozent“, sagt ein sozialdemokratischer Vordenker angesichts der mehrmonatigen Rettersuche mit 30 Regionalkonferenzen, Mitgliedervotum und Parteitag. „Vielleicht wäre es klüger, die Auswahl des Führungsduos der Sozialdemokraten erfahrenen Psychologen anzuvertrauen“, meint unser Kolumnist Harald Martenstein.

Was bringt der Tag? Zahlen, sehr viele. Bundesfinanzminister Olaf Scholz lässt vom Kabinett seinen Haushaltsentwurf 2020 beschließen – die goldenen Zeiten sind vorbei, zudem kommt das Debakel von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Bürger teuer zu stehen, mit mehreren hundert Millionen Euro  wird gerechnet. Der Bundestag bietet auch viel Spannung: Es geht um die Neuregelung der Organspende. Und dann steht noch folgendes für 13 Uhr auf der Tagesordnung: „In der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause stellt sich Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel  den Fragen der Abgeordneten.“ Und im Axica-Konferenzzentrum kommt es zum Gipfel der Deutschen Automatenwirtschaft  – die Platzhirsche klagen über den unregulierten Wildwuchs bei Glücksspielen im Netz.

Wer feiert? Karin Prien. Die CDU-Politikerin und Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein mischt progressiv bei Twitter mit und hat die Union der Mitte des Merkel-Lagers als Antwort auf konservative Strömungen wie die Werte-Union gegründet. Sie kämpft gegen einen Rechtsruck in ihrer Partei. Ihr politisches Erweckungserlebnis? „Gespräche mit meinem Großvater über seinen Lebensweg als europäischer Migrant und nicht minder das Engagement als Klassensprecherin ab der 5. Klasse.“ Das wichtigste politische Ziel? „Einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit leisten zu können. Dazu gehören kulturelle, demokratische und digitale Bildung gleichermaßen.“ Sie hat einen eigenen Kopf. Während Merkel die Nolde-Gemälde wegen dessen Haltung zum Nationalsozialismus abhängen ließ, hängte sie einen Nolde auf („Durchbrechendes Licht“). Sie ist in der Klimadebatte auch für eine CO2-Abgabe. Trotz des Lebens im hohen Norden ist sie am liebsten übrigens italienisch. „Aber auch bei einem Schwarzbrot mit Butter und Krabben sage ich immer ja.“ Gratulationen an: karin.prien@cdu-sh.de

Und wer feiert sonst noch? Thomas vom Bruch (58, CDU, Bremische Bürgerschaft, vombruch@cdu-bremen.de ; Martina Fehlner (59, SPD, Bayerischer Landtag, martina.fehlner.sk@bayernspd-landtag.de; Hermann Grupe (63, FDP, Niedersächsischer Landtag, hermann-grupe@t-online.de ; Julia Willie Hamburg (33, Grüne, Niedersächsischer Landtag, julia.hamburg@lt.niedersachsen.de ; Stephan Hösl (53, CDU, Sächsischer Landtag, info@stephan-hoesl.com ; Simone Huth-Haage (53, CDU, Landtag Rheinland-Pfalz, Simone.Huth-Haage@cdu.landtag.rlp.de

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