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Selten zu sehen – aber immer präsent. Der Chef der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS), Abu Bakr al Bagdadi.

© AFP

Die Medien der Terrormiliz IS: Alles hört auf Amak

Fotos, Grafiken, sogar Eilmeldungen: Wie der „Islamische Staat“ seine Propaganda verbreitet. Auch, um einen funktionierenden Staat vorzugaukeln.

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat den Angriff auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche für sich reklamiert. Allerdings steht bislang nicht fest, ob wirklich eine so weit verzweigte Organisation hinter dem Anschlag steht oder der Täter nicht doch auf eigene Faust handelte. Da stellt sich auch die Frage nach der Verlautbarungspolitik, den Medien, derer sich die Terrormiliz bedient. Das Internet ist extrem wichtig für die Islamistenszene, für Propaganda und potenzielle Kontaktaufnahmen. Der IS hatte über sein Sprachrohr Amak verbreitet, der Angriff auf den Breitscheidplatz sei eine Reaktion auf Aufrufe gewesen, die Bürger von Staaten der Anti-Terror-Koalition anzugreifen. Der IS hatte sich in der Vergangenheit immer wieder via Amak zu Anschlägen in unterschiedlichen Ländern bekannt. Es ist erstaunlich und frappant genug, dass die Terrormiliz sich so einer Art „Nachrichtenagentur“ bedient.

Zu einem Staat gehört neben einem Radio unter anderem eben auch eine Nachrichtenagentur – so nennen allerdings nur die Dschihadisten ihr Propagandasprachrohr Amak. Im Netz wurde es erstmals 2014 gesichtet und verbreitet seitdem Meldungen über den Kampf der Terrormiliz aus Sicht des IS. Amak bedeutet auf Arabisch „Tiefen“. Amak ist auch eine Sumpfebene östlich des türkischen Antakia und einer von zwei möglichen Orten, an denen laut der Überlieferung muslimische Armeen am Ende der Zeit auf ihre Gegner treffen werden, zu einer letzten Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse.

Anders als „direkte“ Internetbotschaften oder Bekenntnisse des IS bemüht sich Amak um eine neutrale Nachrichtensprache. Neben kurzen Texten werden Fotos oder Grafiken veröffentlicht. Das Sprachrohr publiziert neben Arabisch auch zeitweise auf Englisch, Französisch, Spanisch und Kurdisch. Es bedient sich klassischer Werkzeuge des Journalismus: So gibt es „Eilmeldungen“, es werden anonyme „Sicherheitsquellen“ zitiert. Auch anhand von Infografiken verdeutlicht die IS-Nachrichtenagentur, wo die Terroristen des „Islamischen Staats“ zugeschlagen haben – und wie viele Opfer die Anschläge forderten. Obwohl das Verlautbarungsorgan nicht offiziell zum IS-Apparat gehört, gibt es für Experten keinen Zweifel daran, dass Amak von der Führungsebene der Terroristen gelenkt wird.

Das Medium fügt sich in die aufwendige Propagandamaschinerie des IS ein. Reporter von Amak, die bei kämpfenden IS-Einheiten „embedded“ sind, berichten von wichtigen Schlachten. „Wegen des hohen Fahndungsdrucks muss Amak ständig die Internet-Domain wechseln und ist deshalb nicht leicht im Netz zu finden. Kurze Nachrichten veröffentlicht Amak im Messenger-Dienst ,Telegram‘, über den man anonym und verschlüsselt kommunizieren kann, und auf Twitter. Außerdem gibt es eine Nachrichten-App für Android-Handys“, sagt Carsten Kühntopp, ARD-Korrespondent in Kairo. Mittlerweile sei Amak das wichtigste Outlet, über das der IS seine Bekennermitteilungen veröffentlicht, aber nicht das einzige. Nico Prucha, Forscher am „International Centre for the Study of Radicalisation“ in London, sagte der „FAZ“, Amak sei ein Teil des professionellen Medienapparats des IS, ähnlich wie das monatlich erscheinende Hochglanzmagazin „Dabiq“. Während „Dabiq“ auf Englisch geschrieben ist und oft Lobpreisungen von Attentätern beinhaltet, behandelt Amak aber auch andere Themen. Um der Bevölkerung auf dem Gebiet der Terrormiliz einen funktionierenden Staat vorzugaukeln, werden laut Prucha beispielsweise Berichte über die Löschung eines Brandes in Mossul durch die Feuerwehr oder über die Verteilungen von Almosen verbreitet. Markus Ehrenberg (mit dpa)

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