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irdIm März dieses Jahres begann der Affären-Reigen. Gegen Georg Nüßlein wird ermittelt.

© imago images/Future Image

„Die Intransparenz stinkt gewaltig“: Opposition in Bayern will Affären der CSU aufarbeiten

Fragwürdige Zuverdienste jenseits Abgeordnetendiäten wollen SPD und FDP aufklären. Einiges ist bei der CSU zusammengekommen. Gerade droht ein neuer Amigo-Fall.

Ist es womöglich der nächste bayerische Amigo-Fall? Der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch erhielt in den Jahren 2016 und 2018 insgesamt 430.000 Euro für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt vom Freistaat Bayern. Und zwar dafür, dass er in dessen Auftrag zwei Milliarden-Altlasten der CSU-Politik abwickelte. Inzwischen sind die Amigo-Affären in Bayern so zahlreich, dass die Opposition einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen will.

Für Weidenbusch ging es zum einen um die noch von Ministerpräsident Edmund Stoiber gekaufte österreichische Pleite-Bank Hypo Alpe Adria. Zum anderen um die Landesbank Bayern LB, die wegen eines Formel-1-Geschäfts in bedrohliche Schieflage geraten war – und im Zuge dessen mehr als 30.000 landeseigene Wohnungen auf dem Markt verscherbeln musste.

CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch erhielt in den Jahren 2016 und 2018 insgesamt 430.000 Euro für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt vom Freistaat.
CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch erhielt in den Jahren 2016 und 2018 insgesamt 430.000 Euro für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt vom Freistaat.

© Peter Kneffel/dpa

„Die Intransparenz stinkt gewaltig“

Der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach, der bohrend nachgefragt hatte, meint: „Die Intransparenz stinkt gewaltig.“ Weidenbusch seinerseits weist den Vorwurf der Bereicherung zurück. Der Haushaltsausschuss des Landtags sei über sein Engagement informiert gewesen und habe ausdrücklich zugestimmt. Auch habe er die Honorare beziffert und erklärt, dass er bei der Arbeit selbst finanzielle Risiken eingehe.

Jeder Fall ist anders gelagert. Doch es sind einige, die da in den vergangenen Monaten zusammengekommen sind. Fälle von Zusatz- oder auch Hauptverdiensten von Abgeordneten jenseits ihrer Diäten aus den vergangenen zehn Jahren soll der U-Ausschuss aufarbeiten. Gerade die SPD schaltet mit ihrem in diesem Jahr neu gewählten Partei- und Fraktionsvorsitzenden Florian von Brunn in den Angriffsmodus.

Anders als seine Vorgänger tritt er sehr offensiv, ja aggressiv auf. Weidenbusch wirft er vor: „Er stand ja in Lohn und Brot der Bayern LB.“ Die „Spezl-Koalition“ aus CSU und Freien Wählern (FW) habe offenbar „kein Interesse an Aufklärung“.

Affären-Reigen seit März

Im März dieses Jahres begann der Affären-Reigen. Da nahm die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen auf gegen zwei Abgeordnete wegen Korruptionsverdacht bei millionenschweren Masken-Deals zwischen Firmen und verschiedenen Ministerien von Bund und Freistaat.

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Ermittelt wird seitdem gegen die jeweils aus dem bayerisch-schwäbischen Günzburg kommenden CSU-Abgeordneten Alfred Sauter – er sitzt im Landtag – und Georg Nüßlein, der ein Bundestagsmandat hat. Die beiden sind auch geschäftlich miteinander verbandelt. Sauter ist Rechtsanwalt, er betreibt eine einträgliche Kanzlei gemeinsam mit dem bekannten Ex-CSU-Politiker Peter Gauweiler.

Durch massiven Druck aus der Partei gab Sauter verschiedene Ämter auf und lässt sein Mandat ruhen. Nüßlein wiederum bietet Beratungsdienste an. Er hat die CSU verlassen, behält aber sein Mandat in Berlin bis zur Bundestagswahl.

Schärfere Regeln bei Nebeneinkünften

Sauter und Nüßlein sollen Dienste für den hessischen Maskenverkäufer Lomotex geleistet haben. Vermittelt wurden Aufträge für drei Bundes- und Landesministerien. Beide sollen dafür je 1,2 Millionen Euro von der Firma erhalten haben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CSU) äußerte im Juni schwere Vorwürfe gegen Nüßlein: Er sei davon ausgegangen, soll Spahn Ermittlern gesagt haben, dass sich Nüßlein als Abgeordneter engagiere und kein zusätzliches Geld erhalte.

Auch gelangten Informationen über andere Masken-Verkäufe an die Öffentlichkeit. So hat sich die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier für ihre Freundin Andrea Tandler bei einem Masken-Geschäft eingesetzt.

Hohlmeier ist Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, Tandler von Ex-CSU-Politiker Gerold Tandler. Hohlmeier hat kein Geld erhalten, Andrea Tandler laut Berichten eine zweistellige Millionen-Euro-Summe.

Als Folge der Affären hat sich die CSU-Landtagsfraktion für deutlich schärfere Regeln bei Nebeneinkünften ausgesprochen. Der Untersuchungsausschuss soll Anfang 2022 seine Arbeit aufnehmen.

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