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Hat keine schlechten Karten: US-Präsident Donald Trump.

© REUTERS/Yana Paskova

Die Impeachment-Falle: Drei Gründe, warum ein Amtsenthebungsverfahren Trump nützt

Ein Vorwurf an der Grenze zum Hochverrat: Dass die Demokraten ein Impeachment erwägen, ist verständlich. Dem Präsidenten könnte es dennoch helfen. Eine Analyse.

Der Vorwurf, der im Raum steht, läuft auf groben Machtmissbrauch hinaus: Hat Donald Trump den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj aufgefordert, ihm im US-Wahlkampf zu helfen und eine strafrechtliche Untersuchung gegen Joe Biden einzuleiten: Trumps wahrscheinlichen Herausforderer in der Präsidentschaftswahl 2020? Und hat er Druck auf Selenskyj ausgeübt, indem er 400 Millionen Dollar Finanzhilfe zurückhielt, die der US-Kongress beschlossen hatte?

Wenn das so war und wenn es sich beweisen lässt, wäre das ein schwerer Rechtsbruch an der Grenze zum Hochverrat. Nach US-Recht ist es verboten, ausländische Hilfe in der Auseinandersetzung mit dem innenpolitischen Gegner anzunehmen. Bereits der Verdacht, dass Russland die Präsidentschaftswahl 2016 durch eine Schmutzkampagne gegen Trumps damalige Gegnerin Hillary Clinton samt Einbruch in US-Datenbanken beeinflusst haben könnte, hat beträchtlichen Aufruhr ausgelöst.

Und Untersuchungen durch den Kongress und durch einen Sonderermittler, Robert Mueller – er fand aber keine Beweise, dass Trump oder sein Wahlkampfteam aktiv beteiligt waren. Am Ende ging es nur um die Frage, ob Trump die Justiz bei der Aufklärung behindert habe.

In der Ukraine-Affäre ist der Verdacht weitaus gravierender: Der amtierende Präsident soll nicht nur Nutznießer einer Wahlbeeinflussung von außen sein. Er soll sie angezettelt haben und seine Amtsmacht eingesetzt haben, um sein Ziel zu erreichen.

Die Entscheidung der Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi in der Nacht zu Mittwoch ist da verständlich und gerechtfertigt: Sie beginnt mit der Voruntersuchung, ob ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet werden soll. Er habe "die Verfassung gebrochen", seinen Amtseid verletzt und der nationalen Sicherheit geschadet, indem er eine ausländische Macht aufgefordert habe, einen innenpolitischen Rivalen anzuschwärzen. Darüber freuen sich zwei antagonistische Kräfte in der US-Politik ganz besonders: die linke Basis der US-Demokraten und die rechten Anhänger von Präsident Trump.

Impeachment ist ein zweischneidiges Schwert

Wäre es nach den Wünschen des linken Parteiflügels gegangen, hätten die Demokraten schon längst ein Impeachment begonnen - spätestens nachdem sie in der Zwischenwahl 2018 die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert haben. Pelosi ist jedoch aus guten Gründen zurückhaltend, dieses Instrument einzusetzen. Erstens hat in den 232 Jahren seit Verabschiedung der US-Verfassung 1787 noch nie ein Präsident durch ein Amtsenthebungsverfahren seine Macht verloren.

Zweitens sind die machtpolitischen Erfolgsaussichten auch gegen Trump gering. Die Einleitung beschließt die eine Kammer des Kongresses, das Repräsentantenhaus. Zur Verurteilung ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit in der anderen Kammer, dem Senat, erforderlich. Die Demokraten haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus, können das Verfahren also einleiten. Trumps Partei, die Republikaner, haben jedoch die Mehrheit im Senat. Eine Zweidrittelmehrheit im Senat gegen Trump ist illusorisch.

Drittens ist das Impeachment, wenn es im Kongress nicht zum Erfolg führt, vor allem ein Instrument, um die öffentliche Meinung im Wahljahr 2020 zu beeinflussen. Am Ende entscheiden also die Wähler, was sie davon halten. Und spätestens da wird es zu einem zweischneidigen Schwert. Es wird die parteipolitische Polarisierung verschärfen - und das könnte Trump mehr nutzen als den Demokraten, weil sie ihm hilft, seine Wähler zu mobilisieren. Trump liegt in Umfragen beständig unter 50 Prozent Zustimmung. Er kann aber gewinnen, wenn er seine Anhänger in deutlich höherer Zahl an die Urnen bringt, als dies den Demokraten mit ihren potenziellen Wählern gelingt.

Ein Schurke – oder Schurken auf beiden Seiten?

Trump nennt das Vorgehen der Demokraten schon jetzt eine "Hexenjagd". Nicht er sei der Schurke in diesem Stück. Die Übeltäter seien vielmehr Joe Biden und dessen Sohn Hunter Biden. Die Demokraten zeigten hier "Doppelmoral", gehen Trumps Anhänger zur Gegenattacke über. Joe Biden habe als US-Vizepräsident 2016 der Ukraine gedroht, eine Milliarde Dollar Finanzhilfe zurückzuhalten, wenn die Regierung Kiew nicht Generalstaatsanwalt Viktor Shokin entlasse. Zu den Korruptionsfällen, die dieser Staatsanwalt verfolgte, gehörte auch eine Untersuchung gegen einen ukrainischen Energiekonzern, in dessen Aufsichtsrat Hunter Biden saß, der Sohn des US-Vizepräsidenten.

An welcher Seite wird am Ende mehr Schmutz hängen bleiben: an Trump und dem Anschein eines mutmaßlichen Amtsmissbrauchs? Oder an Joe Biden und dem Anschein eines mutmaßlichen Amtsmissbrauchs? Trump hat bereits 2016 behauptet, er könnte einen Mord auf der 5th Avenue in New York begehen - und seine Wähler würden ihn dennoch weiter unterstützen. Das ist übertrieben. Aber wer die US-Präsidentenwahl 2020 gewinnt, hängt auch davon ab, ob die Wähler die Wahl zwischen einem Saubermann und einem Schurken haben - oder zwischen zwei Schurken.

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