zum Hauptinhalt
Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und ihr Co-Parteichef Robert Habeck - hier ein Archivbild - halten sich angesichts der Hochwasser-Katastrophe mit Äußerungen zum Klimawandel zurück.

© Felix Zahn/imago images/photothek

Die Grünen und die Hochwasser-Katastrophe: Warum Baerbock und Habeck in diesen Tagen kaum über das Klima reden

Die Hochwasser-Katastrophe lenkt den Blick auf das Kernthema der Grünen, die Klimakrise. Doch das jetzt offensiv anzusprechen, birgt auch Risiken.

Es war am späten Mittwochabend, als der Grünen-Politiker Konstantin von Notz zum Handy griff, um sich auf Twitter zur Hochwasser-Katastrophe zu äußern. „#CDU: Kein Tempolimit! / #FDP: Der Markt + synthetische Kraftstoffe regeln das / #SPD: Can't touch: Kohle + Nordstream2 / Die #Linke: Was'n jetzt mit Sahra? / #Grüne: Klimaschutz Prio 1“, schrieb er zu einem Foto, das Autos inmitten von Wassermassen und Geröll zeigte.

Nach massiver Kritik zog er die Wahlkampf-Aussage einen Tag später zurück. „Angesichts der schlimmen Lage, wie sie sich aktuell darstellt“, habe er seinen Tweet gelöscht, schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete. „Eine solche Situation eignet sich für polemische Tweets überhaupt nicht.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt auf Ihrem Handy lesen wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die kleine Geschichte zeigt, dass die Grünen vor einem Dilemma stehen: Ihr Kernthema, der Kampf gegen die Klimakrise, rückt durch die dramatischen Ereignisse im Hochwassergebiet zum ersten Mal in diesem Wahlkampf ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Stellen die Grünen diesen Zusammenhang aber zu offensiv her, sehen sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, aus der Katastrophe politisches Kapital schlagen zu wollen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Habeck will nicht „im Weg rumstehen“

Kein Wunder also, dass Parteichef Robert Habeck nicht ins Katastrophengebiet fährt. In einer Video-Botschaft verwies er auf seine Erfahrungen als Umweltminister in Schleswig-Holstein, der auch für Hochwasser und Küstenschutz zuständig war und Krisensituationen erlebte. Politiker ohne Funktion, ohne Regierungsamt würden in einer solchen Situation nur stören. „Jetzt ist die Stunde der Retter und nicht die Stunde von Politikern, die dort nur im Weg rumstehen. Und so einer wäre ich“, sagte der Parteichef, der derzeit in Schleswig-Holstein auf Wahlkampf-Tour ist.

[Mehr über die Küstentour von Robert Habeck lesen Sie hier bei Tagesspiegel Plus.]

Er werde gern in die Region kommen, wenn die Krise überstanden sei, um zu überlegen, welche politischen Schlüsse aus dieser Extremsituation zu ziehen seien, betonte der Grünen-Chef in dem auf Instagram veröffentlichten Statement. Die Klimakrise erwähnt Habeck in dem ganzen Video mit keinem Wort. Er setzt in seiner Botschaft vor allem auf Empathie, spricht den Betroffenen und Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus und dankt denen, die vor Ort helfen.

Baerbock fährt ins Katastrophengebiet

Ähnlich äußerte sich Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Es sei das „Gebot der Stunde“, die Rettungskräfte ihre Arbeit machen zu lassen und zu unterstützen, sagte die Grünen-Chefin. Den Menschen, die vor den Trümmern ihrer Existenz stünden, müsse schnell und unbürokratisch geholfen werden. Auch Baerbock vermied es anfangs, einen direkten Bezug zwischen der Katastrophe und dem Thema Klimapolitik herzustellen. Erst am Freitagabend forderte sie, nun müsse „ambitionierter Klimaschutz“ betrieben werden.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen brach ihren Urlaub ab und ließ sich von der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) telefonisch über das Ausmaß der Überschwemmungen unterrichten. Außerdem wollte sich Baerbock - anders als Habeck - vor Ort ein Bild von der Lage machen. Pressetermine sind dabei allerdings ausdrücklich nicht geplant. Die Partei machte außerdem keine Angaben darüber, welche Orte die Grünen-Chefin besucht.

Schon vor zwei Wochen hatte Baerbock einen „Klima-Anpassungsfonds“ auf Bundesebene gefordert, um Menschen zu helfen, die von Extremwetterereignissen betroffen sind. Doch das ging in der Debatte um die Plagiatsvorwürfe gegen sie weitgehend unter. Baerbocks Fehler und Versäumnisse in ihrem Lebenslauf, ihrem Buch und bei den Nebentätigkeiten haben den Wahlkampf der Grünen schwer belastet.

Nun kann die Partei darauf hoffen, dass sie in den kommenden Wochen, wenn die akute Phase der Krise in den Hochwassergebieten beendet ist, öffentlich stärker mit ihrem Kernthema Klima wahrgenommen wird. Bis dahin darf nur keiner den falschen Ton treffen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false