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Die Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock wollen raus aus der grünen Nische

© dpa/Britta Pedersen

Die Grünen nach der Bayern-Wahl: Auf dem Weg zur Volkspartei?

In Bayern sind die Grünen zweitstärkste Kraft geworden, auch im Bund stehen sie in Umfragen gut da. Haben sie das Zeug zur Volkspartei? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Cordula Eubel

Der Begriff der Volkspartei sei doch veraltet, stöhnen Grünen-Politiker dieser Tage. Ob es eher die Angst vor dem Abheben oder vor dem nächsten Absturz ist, welche Grüne zögern lässt, dieses Wort für sich zu beanspruchen, sei dahingestellt. Doch spätestens seit der Bayern-Wahl steht die Frage wieder im Raum: Haben die Grünen das Zeug zur Volkspartei?

Doch ab wann ist man das eigentlich? Dies allein an Prozentzahlen festzumachen, wäre verkehrt. Der Anspruch, den die beiden Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck bei ihrem Amtsantritt formuliert haben, ist jedenfalls weiter gefasst: Raus aus der Nische, nicht nur die Öko-Zugabe sein, ein Angebot für breite Schichten der Gesellschaft liefern. Ob sie dieses Versprechen tatsächlich in den nächsten Jahren einlösen können, müssen sie erst noch zeigen. In Bayern jedenfalls ist es der Partei gelungen, Wähler in der Mitte der Gesellschaft anzusprechen – ähnlich wie seit 2011 im Nachbarland Baden-Württemberg.

Die Grünen profitieren davon, dass ihr Kernthema Klimaschutz wieder ins Bewusstsein gerückt ist. Es hat der Partei aber auch genutzt, dass in der politischen Auseinandersetzung der letzten Monate kulturelle Fragen eine stärkere Rolle gespielt haben. Zum Alleinstellungsmerkmal Ökologie kam ein weiteres hinzu: Einen Teil ihres Erfolgs verdanken die Grünen der Tatsache, dass sie sich als liberaler, weltoffener und weitgehend populismusresistenter Gegenpol zur AfD profilieren konnten. Anders als SPD, Union oder Linkspartei sind die Grünen beim Thema Migration und Flüchtlingspolitik nicht innerlich zerrissen.

Die Ansätze einer Volkspartei sind nur im Westen zu beobachten

Es wäre deshalb verkehrt, wenn die Grünen von ihrem Kurs einer humanen Flüchtlingspolitik abkehren würden. Das heißt nicht, dass sie nicht auch bei diesem Thema immer wieder die eigene Position überprüfen sollten. Die aktuellen Zustimmungswerte haben schließlich auch etwas damit zu tun, dass die Grünen offener geworden sind und Kompromissbereitschaft gezeigt haben. Dass sie im Bund bereit waren, in eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP zu gehen und in Bayern sogar mit der CSU über eine ganz neue Variante von Schwarz-Grün verhandelt hätten, zahlt sich nun aus.

Zum Gesamtbild gehört aber auch, dass Ansätze einer grünen Volkspartei bisher nur in Westdeutschland zu beobachten sind. Der momentane Höhenflug der Grünen schlägt sich in guten Umfragewerten für die Bundespartei nieder, in deutlich zweistelligen Umfragewerten von Hessen bis Nordrhein-Westfalen und einem Rekordergebnis in Bayern. Doch in Ostdeutschland können die Grünen selbst in diesen Zeiten nicht ernsthaft zulegen. Das liegt auch daran, dass sie hier immer noch als westdeutsche Partei wahrgenommen werden. Ob sich daran bis zu den drei Landtagswahlen im Jahr 2019 viel ändert, ist fraglich.

Unter dem Strich bleibt, dass die Grünen im Moment weder im Bund noch in Bayern in einer Regierung gestalten können. Wenn sie etwas verändern wollen, müssen sie prozentual noch stärker werden. Oder darauf setzen, dass auch andere Parteien künftig bündnisfähiger werden.

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