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Gesichtserkennung auf dem IPhone.

© REUTERS/Peter Nicholls

Die Folgen von Clearview: „Ein dramatischer Verfall der Privatsphäre“

Der Einsatz einer App wie Clearview macht eine 24-Stunden-Überwachung möglich. Sie wäre in Deutschland nicht erlaubt, sagt der FDP-Politiker Konstantin Kuhle.

In den USA arbeiten hunderte Behörden mit der Gesichtserkennungs-App Clearview. Dahinter steckt eine Datenbank mit über drei Milliarden Bildern, die Menschen bei Facebook, Youtube und Millionen anderer Websites hochgeladen haben. Mit der Clearview-App soll es möglich sein, ein Foto von einer fremden Person aufzunehmen und auf einen Klick alle öffentlichen Bilder dieser Person zu finden – inklusive Links zu den Seiten, von denen die Bilder stammen und auf denen sich dann leicht weitere Details wie Namen, Adresse oder Kontakte finden lassen. Konstantin Kuhle, der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, nennt Clearview einen "dramatischen Verfall der Privastsphäre".

Reichen die deutschen Gesetze aus, um Gesichtserkennungs-Apps wie Clear View einen Riegel vorzuschieben?
Die Gesetze für Polizei- und Sicherheitsbehörden nehmen auf Instrumente wie Clear View keinen Bezug. Da der Staat für einen Eingriff in die Rechte des Bürgers eine gesetzliche Grundlage braucht, ist der Einsatz einer solchen Technologie erst einmal nicht erlaubt.

Braucht hat es nicht strengere, einheitliche EU-Regeln?
Mit der Datenschutzgrundverordnung und der sogenannten JI-Richtlinie, der Datenschutz-Richtlinie für den Justiz- und Innenbereich, haben wir in der Europäischen Union eine der stärksten Datenschutzregelungen weltweit, die auch in solchen Fällen wie Clear View greifen und eine Verwendung ausschließen dürfte. Um für alle EU-Mitgliedsstaaten klarzustellen, dass eine Verwendung ausscheidet, sollte die Europäische Union eine Klarstellung in Betracht ziehen.

Gerade an Flughäfen und Bahnhöfen, könnten Gesichtserkennungs-Techniken gerade der Polizei zupass kommen, da gibt es immer wieder Überlegungen…
Die Bundesregierung plant derzeit, das Bundespolizeigesetz zu überarbeiten und dabei eine Rechtsgrundlage für automatisierte Gesichtserkennung zu schaffen. Der Fall Clear View zeigt, wie schnell aus einer theoretischen technischen Möglichkeit eine handfeste neue Überwachungsmethode werden kann. Die Bundesregierung sollte daher die Finger von automatisierter Gesichtserkennung lassen und bei der Novelle des Bundespolizeigesetzes auf diesen Schritt verzichten.

Ist der aktuelle Fall in den USA und die bisher unbekannte Nutzung von Milliarden Bildern zur Gesichtserkennung durch Behörden ein Dammbruch?
Der Fall Clear View ist Ausweis eines dramatischen Verfalls der Privatsphäre. Eine Gesellschaft, in der Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr überwacht und mit Datenbanken abgeglichen werden, ist nicht frei. Laut einem veröffentlichten Papier der Europäischen Kommission plant diese, ein zeitlich begrenztes Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum in die Wege zu leiten, um mehr Zeit für die Risikobewertung und Risikominderung der neuen Technologie zu gewinnen. Das wäre der richtige Weg.

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