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Frankreichs Staatschef Macron bei seiner Fernsehansprache am Mittwochabend.

© Ludovic Marin/AFP

Die EU und der Krieg: Macron fordert „Preis für die Freiheit“

Nach Auffassung von Staatschef Macron muss die EU auf den Krieg mit Mehrausgaben reagieren. Beim Gipfel in Versailles will er das Projekt vorantreiben.

Der Krieg in der Ukraine wird für die EU-Staaten voraussichtlich langfristige wirtschaftliche Folgen haben. Am Mittwochabend kündigte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in einer Fernsehansprache an, dass höhere Ausgaben auf den Staat zukommen werden. Macron stellte die Franzosen darauf ein, dass sie mit höheren Energiepreisen rechnen müssen – mit Auswirkungen auf die Kaufkraft. Der Präsident versprach seinen Landsleuten aber auch: „Mein Kompass ist nur auf ein Ziel ausgerichtet: Sie zu schützen.“

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Premierminister Jean Castex ist damit beauftragt, ein Konjunkturprogramm auszuarbeiten, mit dem die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine abgefedert werden. Auch höhere Verteidigungsausgaben seien nötig, sagte Macron.

Stabilitätspakt könnte auch 2023 ausgesetzt bleiben

Das deckt sich mit den Planungen der Bundesregierung, einen Sonderetat mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr aufzulegen. Und auch in allen übrigen EU-Staaten dürfte der Krieg in der Ukraine die Schulden nach oben treiben. Vor diesem Hintergrund wird in Brüssel darüber nachgedacht, die EU-Schuldenregeln auch im kommenden Jahr auszusetzen.

Wegen der Corona-Pandemie war der EU-Stabilitätspakt bereits bis zum Ende dieses Jahres vorübergehend außer Kraft gesetzt worden. Die EU-Kommission deutete am Mittwoch an, dass die Aussetzung der Schuldenregeln auch für das kommende Jahr gelten könnte, falls die Auswirkungen des Krieges auf die Volkswirtschaften in der EU dies erfordern sollten. Der Stabilitätspakt sieht eigentlich vor, dass in den Mitgliedstaaten die Gesamtverschuldung nicht über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen darf. Bei der jährlichen Neuverschuldung ist eine Höchstgrenze von drei Prozent vorgesehen.

Der EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni wies am Mittwoch darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine unter anderem die Energiepreise weiter nach oben treiben dürfte. Ursprünglich war in der EU in diesem Jahr beim BIP ein Wachstum von vier Prozent prognostiziert worden. Diese Prognose sei nicht mehr haltbar, sagte Gentiloni. Nach den Worten des Vizepräsidenten der Kommission, Valdis Dombrovskis, werde die Kommission voraussichtlich im Mai oder Juni bewerten, ob die Regeln des Stabilitätspaktes auch 2023 ausgesetzt bleiben.

Reform der europäischen Schuldenregeln

Frankreich, das noch bis Ende Juni den EU-Vorsitz innehat, gehört zu den Ländern in der Gemeinschaft, die sich besonders vehement für eine Reform des Stabilitätspaktes einsetzen. Aber auch in der EU-Kommission ist man der Ansicht, dass in jedem Fall das Dickicht der unüberschaubaren Regeln zum Stabilitätspakt gelichtet werden müsse. Die derzeitigen Überlegungen zur Reform des Paktes laufen unter anderem darauf hinaus, dass hoch verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland weniger strikte Regeln vorgegeben bekommen, um das Schuldenstands-Ziel von 60 Prozent des BIP zu erreichen.

Gipfel in Versailles in der kommenden Woche

Beim EU-Gipfel in Versailles, zu dem Macron für den 10. und 11. März eingeladen hat, soll es nach der Vorstellung des französischen Präsidenten aber vorrangig um zwei andere Themen gehen: die Unabhängigkeit der EU bei der Energieversorgung und die Stärkung der europäischen Verteidigung. Macron machte bei seiner Fernsehansprache deutlich, dass die EU bereit sein müsse, „den Preis für den Frieden, die Freiheit, der Demokratie“ zu zahlen. Die EU müsse zusätzliche Investitionen anstoßen, „um die Abhängigkeit von anderen Kontinenten zu verringern und für sich selbst Entscheidungen zu treffen – anders gesagt: eine unabhängigere, souveränere Macht zu werden“, forderte Macron.

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