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Grenpeace-Aktivisten protestieren vor dem Konrad-Adenauer-Haus gegen die Klimapolitik der CDU.

© Michael Kappeler/dpa

Die CDU und der Klimaschutz: Gefangen im Denken von vorgestern

Entweder Ökonomie oder Ökologie - dass es anders geht, kommt CDU-Wirtschaftspolitikern bis heute kaum über die Lippen. Und da liegt das Problem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Die CDU ist mal wieder auf der Suche nach einem Gesicht. Nein, nicht die Nummer Eins; der Suchauftrag fällt bescheidener aus. Nach dem schwachen Auftritt in Sachen Klimaschutz beklagen jetzt viele, die Partei habe keinen Kopf, kein Gesicht mehr, das für diesen Themenbereich stehe. Ältere geraten ins nostalgische Schwärmen: Klaus Töpfer, Umweltminister, dann UN-Umweltchef, das war noch einer! Es mangelt der CDU aber nicht an Köpfen. Es mangelt in den entscheidenden Köpfen – da ist zu wenig Öko drin.

Die Wurzel des Übels liegt im Blockdenken. CDU und CSU haben „Umweltpolitik“, „Klimapolitik“, „Energiepolitik“ und „Wirtschaftspolitik“ so behandelt, als ob es sich um getrennte Blöcke handele. Dass man bei der Umwelt- die Belange der Wirtschaftspolitik mitbedenken müsse, wird theoretisch anerkannt – wenn heute der CDU-nahe Wirtschaftsrat zum „Wirtschaftstag“ lädt, gibt es dort brav Diskussionen über „Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit“.

Praktisch tragen die Exponenten das „und Wirtschaftlichkeit“ wie eine Kampfansage vor. Sie meinen es auch so: Um den Ökokram sollen sich die Zausel von den Grünen kümmern – wir sorgen dafür, dass die Konjunktur brummt! Extrem und zugleich typisch der Kommentar eines Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium: Wenn die „Fridays for Future“-Kids erst selber Geld verdienen, werden sie’s kapieren!

Bollwerk gegen die grüne Unvernunft

Die umgekehrte Formel hingegen – dass man in der Wirtschaftspolitik inzwischen sogar vorrangig Umweltfragen mitbedenken muss – kommt keinem gestandenen CDU-Wirtschaftspolitiker von den Lippen. Die Herrschaften - Frauen sind in diesen Reihen eh selten – verstehen sich als Bollwerk gegen, wie sie glauben, grüne Unvernunft. Ihre Unternehmerfreunde sind übrigens weiter. Die wissen: Energie kostet, Abfall entsorgen kostet, und „Green sells“. Die großen Billig-Discounter richten Öko-Ecken ein.

Das Blockdenken hat eine fatale politische Folge: Die CDU hat den Grünen die Umweltkompetenz überlassen, ja sie ihnen geradezu aufgedrängt. Statt aus der Energiewende ein Musterprojekt für die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie zu machen, trauerte die CDU-Wirtschaftstruppe still der Atomkraft nach und lamentierte laut über die Kosten. Da wirkt es dann eben sofort vorgeschoben und nicht als Gebot ökonomisch-politisch-sozialer Vernunft, wenn man beim Braunkohleausstieg nicht die Beschäftigten ihrem Schicksal überlassen will.

Die CDU gräbt sich in der Blocklogik ein

Kurz: Die CDU hätte Gesichter, die für eine Politik stehen könnten, die wirtschaftliche Vernunft nicht als Gegensatz zur ökologischen behandelt. Die wollen aber nicht. Sie graben sich in der Blocklogik ein. Die „ökologisch-soziale Marktwirtschaft“ steht seit 1994 im CDU-Programm. Beim CDU-Wirtschaftsrat und in der Mittelstandsvereinigung sind sie mit der Lektüre bei Ludwig Erhard (1897-1977) stehen geblieben.

So kam es, wie es kommen musste. Die Grünen machten der Union als erstes nicht etwa das grüne flache Land, sondern die Wirtschaftshochburgen streitig – Baden-Württemberg, Hessen. Bekommt ein Öko-Thema wie der Klimawandel in einem Wahlkampf Flügel, ist die CDU wehrlos, sprachlos, ideenlos. Das gilt für viele Gebiete; hier ist es besonders augenfällig. Die CDU braucht keine Gesichter. Sie braucht keine Visionen. Sie braucht keine neuen Schlagworte und keine alten von der „Bewahrung der Schöpfung“. Sie braucht noch nicht mal Youtuber. Sie braucht schlicht ein blockfreies Profil.

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