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Kameradschaftlicher Wettstreit: Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet (von links nach rechts).

© Michael Kappeler/AFP

Die CDU sucht einen neuen Chef: Kontroversen? Fehlanzeige! Die Partei war schon mal weiter

Der CDU-Parteinachwuchs blendet das Risiko, ohne Angela Merkel in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Matthias Meisner

Rebellisch geht anders. „Der Pitch“ nannte sich das Format der Jungen Union, mit dem der CDU-Parteinachwuchs am Samstagabend die drei Kontrahenten um das Vorsitzendenamt auf eine Bühne brachte.

Nach 20 Jahren mit Frau an der Spitze, 18 Jahre Angela Merkel und zwei Jahre Annegret Kramp-Karrenbauer, wird nun aller Voraussicht nach wieder ein Mann die „einzige christdemokratische Volkspartei in Europa“ (so Friedrich Merz) anführen.

Ein wenig orientiert hat sich die JU damit an der Castingtour der zunächst acht SPD-Bewerberduos im vergangenen Jahr. Die Ermüdung, die sich damals nach der Tour der Kandidaten durch die Republik einstellte, fällt zwar diesmal weg. Dafür wäre ein Abend nicht genug.

Aber das heißt noch lange nicht, dass die Junge Union die allfälligen Kontroversen zwischen Laschet, Merz und Röttgen herausarbeitete. Eher war es eine bizarre Mischung zwischen den Show-Elementen des US-Wahlkampfes und sozialdemokratischer Behäbigkeit.

100 Minuten lang war die Parteijugend Stichwortgeber für die drei westdeutschen Kandidaten. Und nicht Unruhestifter, was doch eigentlich ihr Recht gewesen wäre. Als das Thema Nachhaltigkeit aufgerufen wurde, drehte sich die Wissbegier vor allem um finanzielle Fragen und nicht um die Umwelt. Bewegungen wie Fridays for Future kamen gleich gar nicht vor.

Dafür aber immer wieder: Digitalisierung, Digitalisierung, Digitalisierung. Auch die Frage der Geschlechtergerechtigkeit wurde nicht aufgerufen: Zwar waren die Fragesteller:innen quotiert, doch das nur zufällig. Warum keine Frau (mehr) nach dem CDU-Spitzenamt greift? Das scheint die Junge Union nicht zu interessieren. Und auch über die Risiken, ohne eine Kanzlerkandidatin Merkel in einen Bundestagswahlkampf zu ziehen, wurde nicht gesprochen.

Ruinöser Wettbewerb? Von wegen!

Einen „ruinösen Wettbewerb“ um ihre Nachfolge fürchtete Kramp-Karrenbauer noch vor Wochen. Belege dafür, dass es so kommt, gibt es bisher nicht. Laschet, Merz und Röttgen mögen zwar, was ihr Verhältnis zu Angela Merkel betrifft, ganz unterschiedlich ticken. Doch untereinander greifen sie sich nicht hart an. Sondern stellen sich kameradschaftlich dem Wettstreit.

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Vielleicht ein Vorgeschmack darauf, was Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus über den nach wie vor trotz Coronakrise auf Dezember terminierten Bundesparteitag in Stuttgart sagt: „Mit Begeisterung den Saal rocken - das wird nicht funktionieren.“

Und der Sieger wird? Klar lässt sich das nach dem „Pitch“ der JU nicht sagen. Rhetorisch wirkte Röttgen überlegen, er bleibt aber der Außenseiter. Laschet kann mit Regierungserfahrung punkten - und steht für den alten Westen. Merz derweil qualifiziert sich weiterhin in Abgrenzung zu Merkel. Insgesamt betrachtet: Die CDU war schon mal weiter und moderner.

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