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Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt sich am Sonntagabend den Fragen von Anne Will. Um 21.45 Uhr zu sehen in der ARD.

© Hannibal Hanschke/Reuters

Die Bundeskanzlerin bei Anne Will: Diese fünf Zahlen wird Merkel erklären müssen

Nach der gekippten Osterruhe ist Kanzlerin Merkel am Sonntagabend Gast in der ARD. Wie reagiert sie auf die kritischen Fragen zu ihrer Corona-Politik?

Zum erstem Mal seit fast drei Jahren und zum voraussichtlich letzten Mal als Bundeskanzlerin stellt sich Angela Merkel am Sonntagabend um 21.45 Uhr in der ARD den Fragen von Anne Will.

Im Fokus wird die deutsche Corona-Politik stehen. Nach Angaben des Senders soll es unter anderem darum gehen, was das Fehlereingeständnis nach der gekippten Osterruhe für das weitere Krisenmanagement der Bundesregierung bedeutet. Mit Blick auf die vergangenen Wochen ist mit Fragen zu diesen fünf Entwicklungen zu rechnen.

1. Steigende Sieben-Tage-Inzidenz

Die Inzidenz ist derzeit das zentrale Instrument, um den Verlauf der Pandemie mit einer Zahl zu bemessen. Von daher beunruhigt es Politiker und Mediziner, dass die Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tage auf 131 gestiegen sind.

Seit Mitte Februar, als der Wert auf einen vorläufigen Tiefpunkt von 61 gesunken war, steigt die Sieben-Tage-Inzidenz kontinuierlich an – zuletzt wieder sehr deutlich. Das ist vor allem deshalb beunruhigend, weil auf eine deutliche Zunahme der Corona-Fälle bisher immer ein deutlicher Anstieg der Patienten auf den Intensivstationen folgte und darauf ein Anstieg der Todesfälle an oder in Verbindung mit einer Corona-Infektion.

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Merkels CDU-Parteikollege, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, nahm das zur Kenntnis und schlug am Samstag vor, das öffentliche Leben für „zehn, 14 Tage“ herunterzufahren. Wie wird sich die Kanzlerin dazu äußern? Kommt es schon in der kommenden Woche zu einem erneuten Gipfel mit einem verschärften Lockdown? Merkel ist in der Pandemie bisher für ihren defensiven Kurs bekannt. Wenn es nur nach ihr ginge, wäre es Anfang März nicht zu Öffnungsschritten aus dem Lockdown gekommen.

2. Akzeptanz der Corona-Maßnahmen

Unter der steigenden Sieben-Tage-Inzidenz und dem Zickzackkurs von Bund und Ländern hat das Vertrauen der Bundesbürger:innen in die Regierung gelitten. Das Lager, das die Regierenden ohnehin schon für die Maßnahmen kritisierte, hat dadurch neues Futter für seine Kritik bekommen. Und in dem Lager, in dem da Verständnis bisher noch überwog, haben die vergangenen Wochen zumindest für Stirnrunzeln gesorgt.

Diese Entwicklung spiegelt sich in den Zahlen des Politbarometers von ZDF und Tagesspiegel wider: Während die Mehrheit von 55 Prozent der Deutschen im Februar (also vor den Lockerungen) die geltenden Maßnahmen noch für „gerade richtig“ befand, sind es im März nur noch 31 Prozent.

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Der Großteil ist nun der Meinung, dass die Maßnahmen härter ausfallen müssten (36 Prozent). Im Februar waren noch die Hälfte, und zwar 18 Prozent, dieser Meinung. Die Gruppe, die die geltenden Maßnahmen im März für übertrieben hält, ist im März annähernd gleich groß wie im Februar.

Wie rechtfertigt Merkel, im Wissen um diese Zahlen, den politischen Kurs ihrer Lockdown-Politik? Dass die Osterruhe mit ihren strengeren Regeln gekippt wurde, ist mutmaßlich ein Grund für den Sinneswandel einiger Menschen.

3. Merkels Imageverlust in Umfragen

Weil die gekippte Osterruhe vor allem auf Merkel zurückzuführen ist, leidet vor allem ihr Image unter dem Zickzackkurs der Bundesregierung. Mit ihrem Fehlereingeständnis übernahm sie ja auch die politische Verantwortung dafür.

Im Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel schlägt sich das auch nieder. Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung auf der Skala von minus 5 bis plus 5 sinkt ihr Durchschnittswert von 2,1 im Februar auf nun 1,7. Unter den Durchschnittswert von 2 rutschte Merkel zuletzt zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020.

[Zum Chaos um die Osterruhe und die Entschuldigung der Kanzlerin können Abonnenten von T+ hier mehr lesen: Der Tag, der Merkel verändern wird – eine Rekonstruktion.]

Bereut Merkel ihr Fehlereingeständnis wenige Tage danach? Und wie beurteilt sie die Folgen des Imageverlustes für die kommenden, letzten Wochen ihrer Amtszeit?

Einen noch größeren Imageverlust verzeichnen nur Spahn (Veränderung um minus 1,0), CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier (minus 0,7) und CDU-Chef Armin Laschet (minus 0,6).

4. CDU-Umfragewerte

Der Imageverlust der CDU-Spitzenpolitiker hat bereits seit Wochen Folgen für die Umfragewerte der ganzen Partei. Zur Unzufriedenheit mit der Corona-Politik kommt die Maskenaffäre innerhalb der Union hinzu.

Laut Politbarometer stehen CDU-/CSU bei der Frage, wen die Bürger:innen wählen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, nur noch bei 28 Prozent. Im Februar waren es noch 35 Prozent. Nutznießer der Union-Krise sind die Grünen, die im März um vier Prozentpunkte besser dastehen als im Februar, nun bei 23 Prozent. In anderen Umfragen sank die Union sogar bis auf 25 Prozent.

Bis vor wenigen Wochen war die Frage nicht, welche Partei den neuen Kanzler stellen wird, sondern ob es Laschet, Markus Söder oder ein noch unbekannter Dritter wird. Nun können sich die Grünen berechtigte Hoffnungen machen.

Wie reagiert Merkel auf die Entwicklung, dass sie womöglich auf den letzten Metern ihrer Amtszeit ihre Nachfolge verspielt? Wie lautet ihr Plan, das Union-Schiff in den kommenden Monaten wieder auf Kurs zu bringen? Das sind die vor dem anstehenden Bundestagswahlkampf wohl drängendsten Fragen.

5. Bestellte Impfdosen

Zuletzt wird es sicher auch um das derzeit wohl wichtigste außenpolitische Thema aus deutscher Sicht gehen: den Impfstoffstreit zwischen der Europäischen Union (EU), Astrazeneca und Großbritannien.

Denn neuen Schätzungen zu geplanten Impfstoff-Lieferungen zufolge erhält Deutschland im zweiten Quartal von April bis Juni, aufgrund der Lieferprobleme von Astrazeneca, weniger Impfstoff als Anfang des Jahres geplant. Statt mehr als 77 Millionen Impfdosen sollen es nur noch etwas mehr als 70 Millionen sein.

Aus der Opposition im Bundestag kommt Kritik daran, dass sich Deutschland zu sehr auf die Impfstoff-Verteilung innerhalb der EU verlassen habe, während Großbritannien beispielsweise nationalistischer gedacht hat – und mit seiner Kampagne viel weiter fortgeschritten ist. Dabei hat Deutschland mit Biontech genauso wie Großbritannien mit Astrazeneca einen Impfstoff-Hersteller im eigenen Land.

Für Verwirrung sorgte in den vergangenen Wochen auch die Ankündigung von SPD-Vizekanzler Olaf Scholz, bis Ende Juni bis zu zehn Millionen Impfungen pro Woche durchführen zu können – was mit der Anzahl an bestellten Impfdosen utopisch erscheint.

Wie steht Merkel zum Impfnationalismus und dem Nichteinhalten des Liefervertrages seitens Astrazeneca? Und hält sie die Ankündigung von bis zu zehn Millionen Impfungen für realistisch? Eins ist sicher: Die Themen werden Moderatorin Anne Will und Kanzlerin Angela Merkel sicherlich nicht ausgehen.

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