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Der Bundesrat: Wenn die Ampel mit der Gesetzgebung beginnt, wird er wieder wichtiger.

© Michael Kappeler/dpa

Update

Die Ampel und der Bundesrat: Warum Scholz keine Blockade durch die Union fürchten muss

Olaf Scholz hat in der Länderkammer die traditionelle Kanzler-Antrittsrede gehalten. Das kann seine Regierung in der Länderkammer erwarten.

Einmal wenigstens in einer Legislaturperiode kommt der amtierende Kanzler in den Bundesrat. Nicht immer bleibt es bei der üblichen Rede kurz nach dem Amtsantritt. Gelegentlich sind auch mal weitere Auftritte nötig, wenn die Sache – also Widerstand der Länder – das geboten erscheinen lässt.

Olaf Scholz hat seine Antrittsansprache am Freitagmorgen gehalten. Es sei "eine Art Heimkehr", sagte er - als Hamburger Bürgermeister war er schließlich einige Jahre lang Mitglied des Bundesrats. Wie üblich, da macht er schon deshalb keine Ausnahme, lobte auch Scholz den Föderalismus und nannte ihn einen "entscheidenden Grund für die Stärke unseres Landes". Er habe sich in der Pandemie bewährt, und auch in der Flutkatastrophe im vorigen Jahr. Im Übrigen komme es immer darauf an, dass Bund und Länder gut zusammenarbeiteten.

Das sagten auch seine Vorgänger so oder so ähnlich. Aber bei Scholz hat die Bitte um Kooperation einen noch etwas dringlicheren Hintergrund. Denn die Verhältnisse waren selten so bunt und vielfältig in der Länderkammer, und damit aus Sicht einer Bundesregierung auch noch nie so komplex. Er selber nannte die wichtigsten Daten: 15 verschiedene Koalitionen in den Ländern, davon acht Dreierkoalitionen. Die "Abstimmungsprozesse" würden damit nicht einfacher, stellte der Kanzler fest.

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Scholz trat vor eine Länderkammer, in der seine Ampel-Koalition keine Mehrheit hat. Es gibt in den Ländern überhaupt nur eine rot-grün-gelbe Koalition, nämlich in Rheinland-Pfalz. Hinter der Bundesregierung steht auch die rot-grüne Stadtregierung in Hamburg. Das war’s dann schon mit den sicheren Bänken. Macht zusammen sieben von 69 Stimmen im Bundesrat.

Auf Sympathie könnten Ampel-Vorhaben zwar auch in den Ländern mit Regierungsbeteiligung der Linken stoßen, also in Thüringen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Das wären dann immerhin 21 Stimmen. Aber die Mehrheit liegt eben bei 35.

Viel Macht der Union ...

So ist die Scholz-Regierung darauf angewiesen, sich mit der Union ins Benehmen zu setzen. CDU und CSU stellen sieben der 16 Ministerpräsidenten und regieren in weiteren drei Ländern mit. Sie hat damit Einfluss auf 48 Stimmen, mithin eine erkleckliche Blockademöglichkeit. Bei Zustimmungsgesetzen geht somit nichts für die Ampel im Bund.

Zwar kann sich mit den vier Landtagswahlen in diesem Jahr einiges ändern. Aber selbst wenn im Saarland, in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen „koalitionsfreundliche“ Regierungen ans Ruder kämen – es wären am Ende doch nur 26 sichere Stimmen. Die Ampel bliebe abhängig von Unterstützung aus der Bundestagsopposition, entweder Union oder Linke.  

... aber beschränkt durch eigene Koalitionen

Kann die Union dann aber eine stramme Blockadepolitik im Bundesrat veranstalten? So wie einst gegen die rot-grüne Regierung von Gerhard Schröder? Eher nicht. Denn nur in Bayern regiert Schwarz mit einer Partei, die nicht in der Bundes-Ampel sitzt – den bundespolitisch unbedeutenden Freien Wählern.

In allen Ländern, in denen die CDU die Regierung führt oder mitregiert, sitzen SPD, Grüne und FDP irgendwie mit im Boot. Das wird den Drang dämpfen, die Ampel im Bundesrat auflaufen zu lassen – einfach mit Rücksicht auf das Koalitionsklima daheim in den Landeshauptstädten.

Aber es kann auch in die andere Richtung gehen. Baden-Württemberg hat sich trotz eines grünen Ministerpräsidenten im Bund-Länder-Koordinierungsgeschäft bisher auf der so genannten B-Seite eingehakt, also den Ländern mit Unions-Regierungsführung.

Das soll auch so bleiben. Der Grund, neben der Tatsache, dass die CDU Koalitionspartnerin in Stuttgart ist: Man kann so auch ein bisschen mehr Einfluss nehmen auf Unions-Positionen auf Bundesebene nehmen.

Nachtragsetat geht durch

Scholz war der erste Tagesordnungspunkt im Bundesrat an diesem Freitag. Etwas weiter hinten auf der Agenda stand der umstrittene Nachtragshaushalt für 2021, mit dem die Ampel sich einen Kreditvorrat von 60 Milliarden Euroangelegt hat.

Die Unions-Fraktion im Bundestag will dagegen in Karlsruhe klagen, weil sie einen Verstoß gegen die Verschuldungsregel im Grundgesetz sieht. In der Länderkammer hat der Finanzausschuss empfohlen, kein Vermittlungsverfahren gegen den Nachtragsetat anzustrengen. In diesem Ausschuss – jedes Land hat eine Stimme – gibt es eine rot-grüne Mehrheit. Kein Wunder also. Aber auch im Plenum gab es am Freitag keine Mehrheit für einen Stopp des Ampel-Etats. Es wurde auch kein entsprechender Antrag gestellt.

Einen krawalligen Bundesrat muss die Ampel nicht fürchten. Aber auf häufige mühsame Kompromisssuche wird sie sich einstellen müssen. Scholz appellierte an die Vernunft in der Kammer: "Alle tragen Verantwortung, dass das föderale System funktioniert."

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