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Der Bundesaußenminister Heiko Maas.

© imago images / photothek

Deutschlands Rolle im Atomstreit: Wie sich Maas im Iran-Konflikt einbringen könnte

Die Grünen fordern Außenminister auf, rasch in Teheran zu vermitteln. Kann die Bundesregierung den Atomstreit schlichten?

Für die Bundesregierung ist die Frage eine echte diplomatische Herausforderung. Soll sich Außenminister Heiko Maas (SPD) stärker in den Iran-Konflikt einbringen, um den Ausbruch eines Kriegs am Persischen Golf zu verhindern? Bei den Grünen im Bundestag ist die Antwort klar: Ja. „Die Kriegsgefahr wächst täglich in der ohnehin pulverfassartigen Region“, sagt Omid Nouripour, außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Heiko Maas sollte jetzt nach Teheran fliegen und dem Iran ein Angebot machen.“

Seit Tagen wächst weltweit die Sorge, es könnte zwischen den USA und dem Iran zu einem bewaffneten Konflikt kommen. Der Streit schaukelt sich seit einem Jahr hoch. Am 8. Mai 2018 gab US-Präsident Donald Trump den Ausstieg seines Landes aus dem internationalen Atom-Abkommen mit Teheran bekannt. Am vergangenen Mittwoch zog Trumps iranischer Amtskollege Hassan Ruhani nach, erklärte einen teilweisen Ausstieg und drohte mit dem kompletten Scheitern des Nuklear-Deals.

Dabei stellte er Deutschland und Verbündeten wie Frankreich und Großbritannien ein Ultimatum von 60 Tagen. Sollten die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Iran bis dahin nicht wieder halbwegs hergestellt sein – vor allem beim Ölhandel und im Bankensektor –, werde das Atom-Abkommen beendet und die bislang sehr eingeschränkte Anreicherung von Uran wiederaufgenommen.

Die Hardliner auf beiden Seite reiben sich die Hände

Ob das für die USA ein Kriegsgrund wäre? Trump ist gemäß seinem Wahlspruch „America First“ nicht gerade als Freund amerikanischer Auslandseinsätze bekannt. Und auch Ruhani zählt zu den vergleichsweise gemäßigten Politikern seines Landes, nicht zu den „Falken“. Dennoch: Seitdem sich der Konflikt zuspitzt, reiben sich sowohl in Washington als auch in Teheran die Hardliner die Hände.

„Die Bundesregierung muss auch gegenüber Washington endlich klare Worte finden, Deutschland muss mit lauterer Stimme sprechen“, fordert Nouripour. „Seit einem Jahr versuchen die USA, das Nuklearabkommen zu sabotieren. Das sollte Heiko Maas so deutlich auch endlich benennen.“ Zwar seien die Iraner „keine freundlichen Akteure“. Aber Deutschland sollte die Islamische Republik zur Einhaltung des Atom-Übereinkunft ermuntern.

Im Gegenzug könne die Bundesregierung etwa humanitäre Hilfe anbieten. Der Iran leidet derzeit unter einer Flutkatastrophe, von der mindestens eine halbe Million Menschen betroffen sind. „Ein Joschka Fischer oder Hans-Dietrich Genscher wäre schon längst hingefahren“, verweist Nouripour auf zwei von Maas’ Vorgängern. Vor allem der Grünen-Außenminister Fischer pflegte den seit den 90er Jahren bestehenden „kritischen Dialog“ mit dem Iran.

Staatsminister Niels Annen lehnt Blitzbesuch in Teheran ab

Von einem Blitzbesuch in Teheran hält der SPD-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen, allerdings nichts. „Es muss sich niemand Sorgen über einen Mangel an Austausch machen“, sagt er. „Wir stehen in ständigem intensiven Kontakt mit der iranischen Seite, es gibt Treffen auf hoher Ebene, es wird telefoniert.“

Das Ultimatum aus Teheran weist Annen klar zurück. Ihn besorgt zwar die „aggressive Kriegsrhetorik aus Teilen der US-Administration“. Auch sei Trumps Politik „illegal“, weil sie UN-Beschlüsse ignoriere. „Doch der Iran sollte nicht dem Missverständnis unterliegen, dass wir deshalb illegales iranisches Verhalten akzeptieren könnten,“ betont der SPD-Politiker.

Die Bundesregierung will auf jeden Fall an dem internationalen Abkommen festhalten. Doch dass es nicht einfach werden wird, deutsche Firmen dazu zu bewegen, gegen das Interesse der USA und deren Sanktionen den Handel mit dem Iran wieder aufzunehmen, das weiß Annen auch: „Wir ermuntern deutsche Firmen dazu, legalen Handel mit Iran weiter zu betreiben.“ Aber das erweist sich als sehr schwierig. Das liegt vor allem daran, dass kein europäisches Unternehmen das Risiko eingehen will, bei Kontakten mit Teheran den Zugang zum US-Markt zu verlieren. Kein Wunder, dass die Europäer mit ihrem Versuch, die Strafmaßnahmen mit einer eigens gegründeten Gesellschaft zu umgehen, bisher wenig Erfolg haben.

Politisch kann Deutschland im Nahen Osten wenig ausrichten

Politisch dürfte Deutschland ohnehin wenig ausrichten können. Im Nahen Osten zählen die Wünsche der Europäer in der Regel recht wenig. Für die Mullahs in Teheran ist entscheidend, wie Amerika agiert. Bleibt es bei der Drohkulisse, die die USA aufgebaut haben? Oder läuft die Konfrontation mit dem Erzfeind aus dem Ruder? Und Donald Trump wird sich ebenfalls wohl kaum von Europa oder gar Deutschland von seinem harschen Kurs gegenüber dem Iran abbringen lassen. Die Möglichkeiten der deutschen Diplomatie halten sich also in sehr engen Grenzen. Selbst ein Besuch von Außenminister Maas in Teheran dürfte daran nur wenig ändern.

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