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Der Eingang zur Covid-19-Intensivstation der Leipziger Uniklinik.

© dpa/Jan Woitas

Update

Deutschland vor der nächsten Infektionswelle: Wann kommt der Omikron-Lockdown?

Die neue Corona-Variante breitet sich rasant aus, auch Deutschland hat sie erreicht. Die Forderungen nach schnellem Handeln der Politik werden lauter.

Deutschland ist umzingelt. So könnte man die aktuelle Corona-Situation in Europa beschreiben. Mit der Ausnahme von Luxemburg stuft das Robert Koch-Institut (RKI) alle deutschen Nachbarländer als Hochrisikogebiete ein. Der Grund ist die neue Omikron-Variante des Coronavirus, die sich in Europa rasant ausbreitet und mittlerweile auch Deutschland erreicht hat.

Viele Regierungen setzen deshalb im Kampf gegen die Pandemie wieder auf härtere Mittel. So befinden sich die Niederlande seit Sonntag in einem strengen Lockdown. Restaurants, fast alle Geschäfte und Schulen sind dicht. Die Stadt London hat wegen des drohenden Kollapses der Gesundheits- und Grundversorgung den Katastrophenfall ausgerufen. Auch Dänemark fährt das öffentliche Leben herunter. Europa geht Schritt für Schritt in den Lockdown.

Auch hierzulande wird wieder über schärfere Maßnahmen gegen das Coronavirus diskutiert. Bedroht Omikron die öffentliche Versorgung in Deutschland? Und wird die Bundesrepublik ohne neue Kontaktbeschränkungen, Schul- und Betriebsschließungen durch die aktuelle Infektionswelle kommen?

Vorsichtig Weihnachten feiern

Die Bundesregierung setzen diese Fragen unter Druck. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP war mit dem Anspruch angetreten, mit Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens behutsam vorzugehen. Doch das lässt sich wegen der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante nun möglicherweise nicht mehr halten. Erst am 10. Dezember hatte die Koalition das eigene Infektionsschutzgesetz noch einmal nachgebessert, um doch noch die Schließung von Restaurants, Bars, Clubs, Sporteinrichtungen und Messen zu ermöglichen – was vor allem die FDP eigentlich nicht mehr wollte. Angesichts der Corona-Notlage im Ausland mehren sich jetzt die Stimmen, die ein schnelles Eingreifen von Bund und Ländern fordern.

„Wenn es noch im alten Jahr zu einem Hochlauf der Omikron-Welle kommt, müssen wir uns zügig beraten“, sagte am Wochenende der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Blick auf eine mögliche baldige Schalte der Länderchefs mit der Bundesregierung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat einen Lockdown vor Weihnachten ausgeschlossen.

Kretschmanns Parteikollege, der Arzt und Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, fordert „ein einheitliches Vorgehen in Deutschland“. Auch der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingesetzte Corona-Expertenrat sprach sich am Sonntag für bundesweit abgestimmte Maßnahmen aus. Im Kampf gegen Omikron brauche es „zusätzliche Kontaktbeschränkungen“.  

Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer.

© dpa/W. Kumm

Unabhängig davon sei aber schon jetzt äußerste Vorsicht geboten. „Was schon jetzt klar ist, jede und jeder ist an Weihnachten und Neujahr gefragt, erneut besonders vorsichtig und rücksichtsvoll zu sein und möglichst viele Kontakte beziehungsweise Mobilität zu vermeiden“, sagt Dahmen.

Booster-Wirkung unklar

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, macht sich vor allem um die etwa zehn Millionen ungeimpften Erwachsenen in Deutschland Sorgen. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die in der nächsten Zeit an Corona erkranken werden – unter Umständen auch mit einem schweren Verlauf“, sagt der Mediziner. Die anfängliche Hoffnung, Omikron könne zwar ansteckender als etwa die Delta-Variante des Coronavirus sein, aber weniger schwer im Krankheitsverlauf, hat sich bislang nicht bestätigt.

Dahmen geht davon aus, dass Omikron spätestes im Januar in Deutschland die dominante Virus-Variante sein werde. Ein Blick ins Ausland zeigt die Dimension des Problems: Erst vor wenigen Wochen, Anfang November, war Omikron erstmals in Südafrika festgestellt worden – und breitete sich darauf in atemberaubender Geschwindigkeit weltweit und damit auch in Europa aus. Heute ist Omikron mit einem Anteil von 60 Prozent aller neuen Corona-Infektionen in Großbritannien die dominante Variante.

Der Mediziner und Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen).
Der Mediziner und Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen).

© promo/Stefan Kaminski

Zwar bietet die Corona-Impfung auch gegen die neue Variante einen gewissen Schutz. Doch wie groß der tatsächlich ist, ist bislang unklar. Das Gleiche gilt für die Auffrischimpfung. „Wie gut das Boostern gegen die neue Variante hilft, wird sich erst in den kommenden 14 Tagen zeigen“, sagt Reinhardt.

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Die Impfkampagne läuft in Deutschland derzeit auf Hochtouren. In der vergangenen Woche wurden im Schnitt mehr als eine Million Impfdosen pro Tag verabreicht. Gut 23 Millionen Menschen haben bislang eine Auffrischimpfung erhalten.

Dass in der Politik nun wieder über einen Lockdown diskutiert wird, kann Reinhardt nachvollziehen. „Die Debatte birgt aber auch das Risiko, dass das die Menschen demotiviert, sich impfen oder boostern zu lassen“, warnt er. „Wir müssen deshalb bei jeder Debatte über einen Lockdown auch die vielfältigen sozialen und die medizinischen Aspekte jenseits der Infektionsvermeidung ausreichend berücksichtigen.“

Neben dem Impfen empfiehlt Reinhardt, „dass wir auch die Behandlungsmöglichkeiten gegen eine Corona-Erkrankung viel stärker in den Blick nehmen“. Mit sogenannten monoklonalen Antikörpern und antiviralen Substanzen seien in jüngster Vergangenheit „gute Ergebnisse“ bei der Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe erzielt worden.

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