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Kanzlerin Merkel und Staatschef Hollande vertreten unterschiedliche politische Lager. Nachdem sie bei zwei EU-Gipfeln heftig aneinandergerieten, suchen sie wieder den Konsens.

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Deutschland und Frankreich: Merkel, Bier und die Sache mit dem Tandem

Zum Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages im Jahr 1963 hat das Meinungsforschungsinstitut Ifop eine Umfrage veröffentlicht. Der Befragung zufolge sind es eher die Franzosen als die Deutschen, die auf ein möglichst enges Verhältnis zwischen beiden Ländern setzen.

Im vergangenen Frühjahr veröffentlichte der französische Karikaturist Jean Plantureux, der unter dem Künstlernamen „Plantu“ bekannt geworden ist, in der Zeitung „Le Monde“ eine Zeichnung, die einen schweißgebadeten François Hollande zeigte. Der Sozialist, der bei den Präsidentschaftswahlen den Sieg über Nicolas Sarkozy davongetragen hatte, war unmittelbar nach der Siegesfeier aus einem Alptraum aufgewacht, während seine Lebensgefährtin Valérie Trierweiler friedlich weiterschlummerte. Neben Hollandes Bett war auf „Plantus“ Karikatur Angela Merkel zu sehen, die auf einem Hocker Platz genommen hatte und einen Karteikartenordner mit der Aufschrift „Europa“ in Händen hielt. „Ich habe geträumt, dass sich Angela zu unserer Feier eingeladen hat!“, lässt „Plantu“ den entsetzten Hollande keuchen.

Die Karikatur ist eine gelungene Illustration des nicht immer einfachen deutsch-französischen Verhältnisses. Als die Zeichnung kurz nach Hollandes Wahlsieg im Mai entstand, konnten Beobachter nur spekulieren, wie sich das Verhältnis zwischen dem frisch gebackenen französischen Staatschef und der seit 2005 in Berlin regierenden Kanzlerin entwickeln würde. Inzwischen ist die Öffentlichkeit schlauer: Bei zwei EU-Gipfeln im Juni und Oktober sind Merkel und Hollande im Streit um die richtige Balance zwischen Haushaltsstrenge und Wachstumsimpulsen in der EU heftig aneinander geraten. Inzwischen scheinen die beiden ein brauchbares Arbeitsverhältnis gefunden zu haben.

Die Entente zwischen Merkel und Hollande gipfelte Anfang Dezember in einer symbolischen Geste bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU – der Präsident und die Kanzlerin reckten gemeinsam vor der Festversammlung in Oslo ihre Hände in die Höhe. Um derartige Zeichen der Verbundenheit wird es auch am kommenden Dienstag gehen, wenn Merkel und Hollande vor dem Bundestag am Jahrestag der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages sprechen werden. Der Elysée-Vertrag, den Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 unterzeichneten, bildet das Fundament der deutsch-französischen Kooperation, die im Verlauf der zurückliegenden fünf Jahrzehnte immer enger geworden ist.

Zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages bereiten sowohl die Regierungen beider Länder als auch die Parlamente in Berlin und Paris gemeinsame Erklärungen vor. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP), sagte am Dienstag, dass in der deutsch-französischen Regierungserklärung jene Bereiche benannt werden sollten, in denen die Zusammenarbeit noch verbesserungswürdig sei. Als Beispiele nannte Link die Kooperation in der deutsch-französischen Grenzregion, die Zusammenarbeit bei der Forschung, finanzielle Erleichterungen für Rentner angesichts der Praxis der Renten-Doppelbesteuerung und das große Feld der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. In Zeiten der Euro-Krise mögen in der Diskussion zwischen Merkel und Hollande derzeit zwar eher wirtschaftliche Themen im Vordergrund stehen; aber Staatsminister Link meinte, dass es bei der gemeinsamen Regierungserklärung nicht darum gehen solle, „sich gegenseitig Lektionen zu erteilen“.

Welche gesellschaftlichen Folgen die Euro-Krise und die Dauerpräsenz der deutschen Bundeskanzlerin auch in französischen Medien hat, lässt sich unterdessen an einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Ifop ablesen. Auf die Frage, welche Begriffe und Assoziationen ihnen spontan zu Deutschland einfielen, nannten die Befragten in Frankreich eher Angela Merkel als den Begriff „Bier“. Noch häufiger wurde als Deutschland-Assoziation indes „Berlin“ erwähnt. Umgekehrt verbanden die Deutschen mit Frankreich an erster Stelle Paris, gefolgt vom Eiffelturm.

Aus der Ifop-Umfrage geht auch hervor, dass die Menschen in beiden Ländern sehr unterschiedlich auf das viel beschworene deutsch-französische Tandem blicken. Auf der einen Seite betrachten immer mehr Franzosen Deutschland als einen privilegierten Partner – nämlich 45 Prozent der Befragten. Der Anteil der Deutschen, die Paris als herausragenden Partner ansehen, ist hingegen vergleichsweise gering – er liegt nur bei 18 Prozent.

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