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Deutsche Kolonialisten beobachten Schießübungen eines Soldaten der „Schutztruppe“ in Ostafrika.

© picture alliance / ullstein bild

Exklusiv

Deutsche Kolonialverbrechen in Afrika: Tansania fordert von Bundesregierung „Verhandlungen über Wiedergutmachungen“

Tansania erhöht den Druck auf die Bundesregierung, Verantwortung für deutsche Kriegsverbrechen während der Kolonialzeit in Ostafrika zu übernehmen.

Der tansanische Botschafter in Berlin, Abdallah Possi, fordert die Bundesregierung zu „Verhandlungen über Wiedergutmachungen“ für Verbrechen während der deutschen Kolonialzeit in Ostafrika auf. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung hier den ersten Schritt macht und auf uns zugeht“, sagte Possi dem Tagesspiegel. Damit könne Berlin zeigen, „dass die Deutschen endlich Verantwortung für die Menschenrechtsverletzungen aus der Kolonialzeit übernehmen und das, was in der Vergangenheit in unserem Land passiert ist, wirklich ernst nehmen.“

Das Gebiet des heutigen Tansania gehörte zwischen 1885 und 1918 zur Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. Während des Maji-Maji-Kriegs, in dem sich verschiedene einheimische Bevölkerungsgruppen gegen die deutschen Besatzer zusammenschlossen, starben nach Schätzungen rund 300.000 afrikanische Männer, Frauen und Kinder.

Novum in den deutsch-tansanischen Beziehungen

Possi fordert von der Bundesregierung, „möglichst bald darüber informiert zu werden, wie viele menschliche Gebeine und Kulturobjekte aus dem heutigen Tansania während der Kolonialzeit nach Deutschland gebracht wurden und wo sie sich heute befinden“.

Sobald die Informationen vorlägen, könnten die beiden Staaten in einem zweiten Schritt „Verhandlungen über Wiedergutmachungen“ beginnen, sagte Possi. „Bevor wir darüber sprechen, wie die deutschen Kriegsverbrechen und Verstöße während der Kolonialzeit aufgearbeitet werden können, müssen wir erst wissen, worüber wir genau reden.“

Der 40-jährige Abdallah Saleh Possi ist tansanischer Botschafter in Berlin.
Der 40-jährige Abdallah Saleh Possi ist tansanischer Botschafter in Berlin.

© Paul Starzmann

Die Forderung nach Verhandlungen ist ein Novum in den deutsch-tansanischen Beziehungen. Gespräche über Wiedergutmachungen für deutsche Kolonialverbrechen führt die Bundesregierung bislang nur mit Namibia, der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“, wo die deutschen Soldaten Anfang des 20. Jahrhunderts einen Völkermord an den Herero und Nama begingen.

Tansania und Deutschland: „Gute Partner“

Im Fall von Tansania schwebt dem Botschafter Possi eine Übereinkunft mit Deutschland über den richtigen Umgang mit der gemeinsamen Vergangenheit vor. „Es gibt bislang nicht eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Regierungen von Deutschland und Tansania über die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte“, sagte Possi. „Das ist etwas, das wir dringend ändern sollten.“

Zugleich betonte der Botschafter die guten diplomatischen Beziehungen zwischen den Hauptstädten Berlin und Dodoma: „Unsere Länder sind gute Partner, aber hier müssen wir einige Dinge klären.“

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