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Günter Morsch, Leiter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten im brandenburgischen Oranienburg.

© Kai-Uwe Heinrich

Exklusiv

Deutsche Geschichte: Kritik an mangelnder Unterstützung der KZ-Gedenkstätten

Günter Morsch, Leiter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, fordert vom Bund eine bessere Finanzausstattung der KZ-Gedenkstätten. Von der schwarz-roten Koalition ist er enttäuscht.

Berlin/Oranienburg – Der nach mehr als zwei Jahrzehnten aus dem Amt scheidende Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, hat der Großen Koalition im Bund mangelnde Unterstützung für die KZ-Gedenkstätten in Deutschland vorgeworfen. „Ich bin vom Koalitionsabkommen enttäuscht“, sagte Morsch dem Tagesspiegel.

Die Unterstützung für den Umbau der Gedenkstätten zu modernen Museum sehe er nur „in ganz kleinen Ansätzen“ realisiert. Zudem kritisierte Morsch, dass weiterhin an der hälftigen Finanzierung der Gedenkstätten durch Bund und Ländern festgehalten werde. Er habe bereits mehrfach im Kulturausschuss beklagt, dass man die bisherige 50-50-Regelung zwischen Bund und Ländern in der Gedenkstättenkonzeption nicht mehr aufrechterhalten könne. „Leider ist das Thema im Koalitionsvertrag wieder nicht drin“, bedauerte Morsch.

Besucherzuwachs - aber nicht mehr Geld und Personal

Bundesländer mit geringerem Steueraufkommen vor allem in Ostdeutschland würden dadurch bei der Finanzierung benachteiligt. „Es kann nicht sein, dass im Bereich der Gedenkstätten nicht das gilt, was anderswo – Stichwort Königssteiner Schlüssel – gilt. Nämlich, dass alle Bundesländer auch entsprechend ihrer wirtschaftlichen Kapazität einzahlen“, sagte Morsch. In einigen alten, wirtschaftlich starken  Bundesländern gebe es kaum Gedenkstätten. Diese Länder müssten auch keine DDR-Gedenkstätten etwa zu den Lagern des früheren sowjetischen Geheimdienstes NKWD finanzieren. „Das ist ein Problem, das sich dem Westen nicht stellt.“

Die von ihrem Steueraufkommen reicheren Bundesländern könnten somit den Fortschritt bei der Gedenkstättenarbeit bestimmen. Dabei gebe es im heutigen Brandenburg mit Sachsenhausen (Oranienburg) und Ravensbrück (Fürstenberg) ehemalige Lager, die „im KZ-System eine herausgehobene Stellung“ hatten. „Die Gedenkstätten müssen endlich in den gleichen Rang kommen wie vergleichbare Museen. Sie sind nach wie vor unterprivilegiert“, sagte Morsch. „Wenn wir ein zeitgeschichtliches Museum sein sollen, dann müssen wir auch finanziell und personell so ausgestattet werden.“

Morsch beklagt Vorbehalte aus der alten Bundesrepublik

Die Gedenkstätten hätten noch immer mit Vorbehalten in der Bundespolitik zu kämpfen, „die aus der alten Bundesrepublik hinübergewachsen sind“. Generell würden die Gedenkstätten nicht ausreichend finanziert. „Wir sind in einer Situation, in der die Besucherzahlen – nicht nur bei uns – permanent wachsen, unsere Betriebshaushalte oder das Personal aber nicht“, sagte Morsch. Trotz eines Besucherzuwachses von 400 Prozent seit 1992 in der Gedenkstätte Sachenhausen,  „mussten wir das Personal eher reduzieren“.

Kritik übte Morsch – trotz aller Bemühungen der Regierung in Potsdam – auch am Land. Brandenburg habe zu Beginn der 1990er-Jahre eine große Chance verpasst. Es habe die Bedeutung der historischen Orte nicht in vollem Maße erkannt. Am bevorstehenden 8. Mai jährt sich der "Tag der Befreiung" vom Nationalsozialismus zum 73. Mal.

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