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Ein Band der Ortschilder symbolisiert in Berlin die Einheit.

© Paul Zinken, dpa

Deutsche Einheit: Was getan werden muss

Die Ministerpräsidenten der Ostländer zum Stand der deutschen Einheit.

Von Antje Sirleschtov

Noch immer gibt es Unterschiede in den Lebensverhältnissen in Ost und West. Was geschehen muss, damit sich die Lücke schließt, hat der Tagesspiegel die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder und den Regierenden Bürgermeister von Berlin gefragt:

„Der Osten krankt daran, dass bei uns leistungsstarke und innovative Großunternehmen fehlen“, sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Hier müsse angesetzt werden. „Wir müssen den Ausbau einer innovativen mittelständischen Wirtschaft fördern. Wir müssen die Forschung in den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken“, sagt Haseloff. Der Osten müsse für Facharbeiter attraktiver werden, durch gute Ausbildung und gute Löhne. Hier seien die Unternehmen besonders gefragt. Aber es gehörten „endlich auch mehr Bundesbehörden in den Osten“ und Beamte aus dem Osten seien „angemessen zu berücksichtigen“.

Mentalitätswechsel gefordert

Für Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) umfasst die Angleichung der Lebensverhältnisse „mehr als die Fragen von Lohn und Lebenshaltungskosten“. So wichtig das sei, in einer gesamtdeutschen Anstrengung den immer noch vorhanden Rückstand des Ostens aufzuholen, sagt er, „so überfällig ist ein Mentalitätswechsel, der endlich die wirtschaftlichen Leistungen und die Innovationskraft des Osten als Bereicherung würdigt“.

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, sagt: „Die Digitalisierung ist eine große Chance. Deshalb brauchen wir eine hundertprozentige Versorgung mit schnellem Internet und Mobilfunk. Wir sollten weiter in industrielles Wachstum investieren. Und wir müssen ein verstärktes Augenmerk auf die Angleichung der Löhne richten. Das kann der Staat nicht allein, aber wir müssen darauf drängen. Gleichwertige Lebensverhältnisse sind erst erreicht, wenn wir gleiche Löhne und gleiche Renten haben.“

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) findet, in den vergangenen 28 Jahren habe sich „viel bewegt und Ostdeutschland konnte viele Erfolge verzeichnen“. Daran müsse der Osten anknüpfen. An vielen Beispielen sehe man eindrucksvoll, wie innovativ die ostdeutschen Bundesländer sind. „Es geht darum, Innovationen anzustoßen und Neues auszuprobieren, indem je nach Entwicklungsbedarf flexiblere Möglichkeiten eingeräumt werden. Wir werden weiter intensiv daran mitarbeiten, dass die Zukunftsfähigkeit weiter in die Fläche getragen wird.“ Ein wichtiger Schritt sei auch die Arbeit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“.

Berlin strahlt aus

Dietmar Woidke (SPD), der Ministerpräsident von Brandenburg erkennt, die Menschen in Deutschland hätten „gemeinsam“ viel erreicht. Das Land sei heute eine stabile Demokratie in Freiheit und Wohlstand. „Das gilt es zu verteidigen.“ Für Woidke steht fest, dass „nicht alles in Ordnung“ ist. „Wir brauchen eine stärkere Sichtbarkeit und Wertschätzung der Ostdeutschen“, sagt er. „Fast drei Jahrzehnte nach der Einheit haben wir immer noch nicht volle Lohn- und Rentengleichheit erreicht. Die Wirtschaftskraft je Einwohner liegt bei nur 73 Prozent des Westniveaus. Der Osten leidet nach wie vor unter strukturellen Defiziten. Auch wenn das neue Bundespolizeipräsidium in Potsdam stehen wird, gebe es im Osten immer noch zu wenige Bundesbehörden. „Hier ist die Vereinigung längst nicht abgeschlossen."

Für Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) strahlt die Wirtschafts- und Wachstumsmetropole Berlin auf Umland und neue Länder aus. „Dadurch kann unsere Stadt einen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse auch über die Grenzen der Metropolregion Berlin-Brandenburg in die anderen neuen Länder hinein leisten.“ Wie wichtig das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse sei, stehe den Berlinerinnen und Berlinern umso mehr vor Augen, sagt Müller, „weil wir das einzige Land sind, das auf Landesebene einen Einigungsprozess zum Erfolg geführt hat“. Mit Blick auf die Bundesebene komme es darauf an, dass die ökonomisch immer weniger haltbare Ungleichbehandlung Ostdeutscher bei Einkommen, im Sozial- und Rentenwesen abgeschafft werde.

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