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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj während der Videokonferenz mit den Teilnehmern des G7-Gipfels in Elmau am Montag.

© via Reuters

Der Westen und die Ukraine: Einigkeit und Recht - und was jetzt?

G7, EU und Nato müssen Antworten auf dringende Fragen geben - und mit einer Ukrainestrategie überzeugen. Ein Kommentar.

Beim Krieg um die Ukraine geht es um so viel mehr als – die Ukraine. Aber mit der Ukraine fängt es an: Wenn der Westen, hier nicht zuletzt Deutschland, das ja jetzt plötzlich eine „Führungsmacht“ werden soll, wie der SPD-Vorsitzende sagt, ausgerechnet – wenn also der Westen nicht ganz genau weiß, was am Ende dieses Krieges stehen soll, dann wird es noch gefährlicher, als es ohnehin schon ist. Denn G7, Nato und EU werden weltweit beobachtet, und je nachdem wie sie sich schlagen, sinkt oder steigt ihr Einfluss.

Er muss aber steigen, weil beileibe nicht alle Staaten dieser Welt hinter dem westlichen Kurs gegen Russland im Ukrainekrieg stehen. China, Indien, Brasilien, Südafrika – wenn dann noch Indonesien und Argentinien dazu kommen… Die verbinden sich, mehr oder weniger, mit Russland. Nur zum Vergleich: Die G7 haben knapp 800 Millionen Menschen hinter sich, die oben genannten mehrere Milliarden.

Und Kremlherrscher Wladimir Putin hat bereits angekündigt, dass alle Sanktionen, neue wie alte, umgangen würden. Dass sie Russland nicht treffen würden, fügte er hinzu. Warum? In Russland würden bald mehr chinesische Autos fahren und indische Supermarktketten ihre Filialen eröffnen. Russisches Öl fließe jetzt nach China, Indien importiere russische Kohle. Eine Liste der Schande – und jeder Punkt ein Warnsignal.

Darum ist es so wichtig, dass die viel beschworene Einigkeit in eine überzeugende Strategie mündet. Denn sie wissen, was sie tun müssen: Die G7-Staaten müssen untereinander, dann mit den anderen Europäern in der EU und zusätzlich mit den Nato-Partnern Übereinstimmung schaffen, dass die Ukraine – ja, was: den Krieg gewinnen soll? Oder dass „Russland nicht gewinnen und die Ukraine nicht verlieren darf“? Hier fängt die Unschärfe an.

Nicht zuletzt in der Bundesregierung. Man höre dazu den Kanzler und die Außenministerin, wie gegensätzlich das klingt. Es ist aber ein fundamentaler Unterschied nicht nur in Worten, sondern in der Zielsetzung. Soll die Ukraine den Krieg wirklich gewinnen können – dann ist alles, was geschieht, sind alle bisherigen Waffenlieferungen zu wenig, zu spät.

Entschlossenheit sieht anders aus. Was will Deutschland? Stoisch zu schauen und zu reden, ist noch keine Führung. In Deutschland ist ja nicht einmal so richtig klar, wer wo welche Entscheidungen über Waffen trifft. Die Verteidigungsministerin weiß immer noch nicht, was ein Panzer ist; aber das nur am Rande. Es sind, nach Monaten, gerade sieben Panzerhaubitzen geliefert worden. Norwegen hat 22 abgegeben. Marder, Leopard – Fehlanzeige. Und der Gepard, ein Flugabwehrkanonenpanzer, bekommt nur 58000 Schuss Munition.

Währenddessen feuert die russische Armee aus allen Rohren, beschießt Ziele weit über den Donbass hinaus, bis auch wieder nach Kiew hinein, schickt immer mehr Soldaten, ohne Rücksicht auf Verluste. Was bedeutet: G7, EU, Nato müssen sich auch darüber klar werden, ob sie einig in der Auffassung sind, dass Putin sich weder die ganze Ukraine einverleiben noch seinen imperialen Anspruch auf das Baltikum oder westliche Balkanstaaten ausweiten will, zu einem „Reich des Russen“. Viel spricht dafür, was dagegen, und was folgt daraus? Diese Antwort fehlt. Immer noch. Die Welt schaut auf den Westen. Der Ukrainekrieg entscheidet über so viel mehr.

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