zum Hauptinhalt
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gibt vor dem Hambacher Schloss auf einer Treppe eine Statement ab.

© Uwe Anspach/dpa

Der Bundespräsident in Rheinland-Pfalz: Steinmeier warnt vor Selbstzerstörung der Demokratie

Bundespräsident Steinmeier hat davor gewarnt, politisch Verantwortliche als Establishment zu verunglimpfen. Er forderte ein Ende von Hass und Gewalt gegen die Aufnahme von Flüchtlingen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mangelndes Interesse für politische Prozesse als Gefahr für die demokratische Grundordnung bezeichnet. „Die Demokratie ist eine faszinierende, aber auch eine anspruchsvolle und voraussetzungsreiche Staatsform“, sagte Steinmeier am Montagabend laut Manuskript in einer Rede im Mainzer Landtag. Zugleich trage ein demokratisches System „das Risiko der Selbstzerstörung“ in sich, wenn Bürger aufhörten, sich für die Demokratie zu engagieren und stattdessen antidemokratischen Akteuren das Feld überließen.

Der Bundespräsident machte deutlich, dass er diese Gefahr aktuell auch in der Bundesrepublik sieht. Wenn immer weniger Menschen Tageszeitungen lesen und sich stattdessen „in den Echokammern des Internets“ bewegen, Kompromisse als Schwäche abgetan und politisch Verantwortliche „als Establishment verschrien“ würden, habe dies Auswirkungen auf das politische System.

Steinmeier forderte ein Ende von Hass und Gewalt gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. „Weder Polarisierung noch Moralisierung lösen die praktischen Probleme, sondern Vernunft und Augenmaß, Kompromissfähigkeit und Entschlossenheit.“

Steinmeier verurteilte „Hasskampagnen und körperliche Gewalt“ gegen Politiker wegen der Aufnahme von Flüchtlingen. In einigen Fällen gebe es aber auch Einschüchterung und Gewalt durch Flüchtlinge. Steinmeier forderte: „Wer die alltäglichen Probleme der Integration auf Schulhöfen oder im Wohnviertel benennt und die Durchsetzung von Ordnung fordert, der muss dafür nicht öffentlich kritisiert werden.“

Schutz von Minderheiten

Der Bundespräsident warb eindringlich für die Demokratie und den Schutz von Minderheiten. „Demokratie bleibt nicht Demokratie ohne Menschen- und Bürgerrechte, ohne die Herrschaft des Rechts und den Schutz von Minderheiten - auch wenn manche heute, sogar in Europa, das Gegenteil behaupten“, sagte Steinmeier.

Es sei Vorsicht angebracht, wann immer politische Kräfte Glücks- oder Heilsversprechen abgäben oder von sich behaupteten, im Namen des „wahren Volkswillens“ zu handeln, was es heute auch wieder in Deutschland und Europa gebe. Konkrete Beispiele dafür nannte er in der Rede nicht.

Steinmeier sprach bei einer Festveranstaltung zum 225. Jahrestag der Mainzer Republik, eines kurzlebigen Staatswesens, das ausgehend von den Ideen der Französischen Revolution im Jahr 1793 in Mainz ausgerufen worden war. Der damals gegründete Freistaat sei zwar „keine mustergültige Demokratie“ gewesen, könne aber doch als Vorläufer eines modernen parlamentarischen Systems gelten, sagte Steinmeier.

Weil die Bevölkerung den Revolutionären vielfach ablehnend gegenübergestanden habe, seien die republikanischen Ideen mit Zwang durchgesetzt worden. Eine Lehre aus der kurzen Geschichte der Mainzer Republik sei daher auch, „dass eine Demokratie aufhört, Demokratie zu sein, wenn sie sich über ihre liberalen Grundlagen hinwegsetzt“.

Am Montagvormittag hatte Steinmeier seinen offiziellen Antrittsbesuch im Bundesland Rheinland-Pfalz mit einer Visite im Hambacher Schloss begonnen. Am Dienstag wird er weitere Termine wahrnehmen, die ihn zu „besonderen Orten der Demokratie in Rheinland-Pfalz“ führen sollen, darunter zu den Wirkungsstätten des Sozialreformers und Genossenschaftsbegründers Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Westerwald. (epd/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false