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Wahlplakate der Alternative für Deutschland (AfD).

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Demokratie werde „von innen“ bekämpft: Thüringer AfD seit März unter Beobachtung

Der Thüringer Verfassungsschutz sah den AfD-Landesverband 2020 noch als Verdachtsfall an. Inzwischen wurde die Partei zum Beobachtungsobjekt hochgestuft.

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sieht in der Alternative für Deutschland (AfD) ein „erwiesen extremistisches Beobachtungsobjekt“. Diese Entscheidung sei im März 2021 gefallen, sagte Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2020, der die AfD im Freistaat noch als Verdachtsfall führt.

Von einer Veröffentlichung der Hochstufung der Partei sei damals mit Blick auf die geplante Landtagswahl sowie die bevorstehende Bundestagswahl verzichtet worden.

Die AfD bekämpfe die Demokratie faktisch „von innen“, sagte Innenminister Georg Maier (SPD). Dabei erfolge die Beobachtung der Partei nicht willkürlich, sondern folge den gesetzlichen Vorgaben. Laut Kramer belegen Äußerungen führender Mitglieder der Partei deren rassistische, antisemitische, fremdenfeindliche, islamophobe und übertrieben nationalistische Einstellungen. Um dies klar zu belegen, hab es in der Vergangenheit noch nicht einmal nachrichtendienstlicher Mittel bedurft.

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Der Bericht sieht zudem in „verfestigten Bezügen“ in die rechtsextremistische Szene Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und kommt zu dem Schluss: „Der politische Radikalisierungsprozess des AfD Landesverbands Thüringen setzte sich im Jahr 2020 fort.“

Das gelte insbesondere mit Blick auf die Proteste gegen die von der Bundes- wie der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Hier habe sich die AfD zu einem der Hauptakteure entwickelt. Ihre Vertreter verzichteten inzwischen auf Abgrenzungen zu offen antisemitisch oder rechtsextremistisch auftretende Personengruppen.

Bereits als Verdachtsfall habe die AfD dafür gesorgt, dass sich das rechtsextremistische Personenpotenzial in Thüringen im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt habe, hieß es. Diese Einstufung sei der Grund für den Zuwachs in der rechten Szene von 920 auf 2.180 Männer und Frauen innerhalb eines Jahres gewesen, erklärte Maier.

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Vor allem das Protestgeschehen gegen die Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass die größte Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Freistaat weiterhin vom Rechtsextremismus ausgehe. Insgesamt seien 1.312 politisch rechts motivierte Straftaten registriert worden. Das waren nach Maiers Angaben 63 Prozent aller politisch motivierten Straftaten und bedeuteten eine Steigerung um elf Prozent im Vergleich zu 2019.

Angestiegen sei die Zahl der politisch rechts motivierten Gewaltkriminalität auf 62 Fälle (2019: 49). Damit bestätige sich eine zunehmende Radikalisierung und Gewaltbereitschaft der Rechtsextremisten. Die Szene der sogenannten „Reichsbürger“ verharre mit etwa 740 Personen auf gleichem Niveau.

Nach Kramers Angaben wurden die Anstrengungen im Land verstärkt, ihnen den Zugang zu legalen Waffen zu erschweren. Dazu seien insgesamt rund 20.000 Genehmigungen und Neuanträge für Waffenbesitzkarten bearbeitet worden. „Ich persönlich halte die Entwaffnung von Extremisten für zwingend geboten“, erklärte Maier. Kramer beklagte in dem Zusammenhang eine „gewisse Blauäugigkeit“ der Verwaltungsgerichte. (epd)

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