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Impflinge warten im Corona Impfzentrum Messe Berlin. Bald schon könnten in den Impfzentren die Impflinge fehlen.

© Michael Kappeler/dpa

Debatte um Impfmuffel: Mit einem Zwang zum Piks wird die Politik nur Widerstand erreichen

Der allergrößte Teil der Bürger muss geimpft sein, um Corona zu stoppen. Doch was ist mit Impfzögerern? Ein Kommentar.

Die Bundeskanzlerin hat auf ihren letzten Metern im Amt noch einmal eine gewagte Zielmarke gesetzt. Eine Impfquote von 80 Prozent will Angela Merkel in der bundesdeutschen Bevölkerung erreichen. Dieses Ziel hat es in sich, in jeder Hinsicht.

Denn wird die Quote nahtlos von der neuen Regierung übernommen, birgt das gesellschaftliches Konfliktpotenzial. Und eine enorme Herausforderung der Politik.

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Hierzulande gibt es erstens keinen Impfzwang, zweitens wäre der angesichts der freiheitlichen Verfasstheit schwer durchzusetzen. Wie sich auch schon daran zeigt, dass viele Bürger:innen gerade Impftermine verfallen lassen und Drohungen mit einer Art Bußgeld, so vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, empörte Reaktionen nach sich ziehen.

Außerdem hat Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger eine Diskussion weit über sein Land hinaus aufgemacht. Er, der einzige nicht Geimpfte im Kabinett, pocht nachdrücklich auf Wahlfreiheit.

Aiwanger trifft einen Nerv in der Bevölkerung

Die Debatte heizt binnenpolitisch noch an, dass Aiwanger, Chef der Freien Wähler, damit Streit mit Ministerpräsident Markus Söder, dem Vorsitzenden des Koalitionspartners, nicht scheut. Zum wiederholten Mal übrigens.

Wer sich impfen lassen will, möge es tun, sagt der Münchner Minister. Aber er tritt dezidiert ein für Differenzierung und Einzelfallbetrachtung - und eben das Recht auf ein Nein, ohne an den Pranger gestellt und verurteilt zu werden.

Aiwangers Haltung wird nun wohl in der Politik insgesamt nicht mehrheitsfähig werden - vermutlich aber in der Gesellschaft weit geteilt. Und in der Tat hat der streitbare Bayer, der andere, nicht Söder, da einen Punkt.

Zwangsmaßnahmen sind der falsche Weg

Zum Beispiel: Kinder durchweg zu impfen, etwa klassenweise, um der Pandemie Schranken in der Ausbreitung zu setzen, haben führende Kinderärzte in Deutschland abgelehnt. Aus medizinischen Gründen. Auch weil die Impffolgen bei ihnen noch nicht klar seien. Das könnten Erwachsene für sich ebenfalls geltend machen, ohne deshalb Impfgegner zu sein.

Zurecht wehrt sich Aiwanger hier gegen „Schwarz-Weiß-Denke“, gegen Intoleranz und Meinungsdruck. Will heißen: Nicht jedem Virologen, der im Fernsehen vor Millionenpublikum auftritt, ist deshalb gleich zu folgen.

Dass sich ein zweistelliger Prozentsatz in der Bevölkerung nicht impfen lassen will, ist nach der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht zu verurteilen. Vielmehr liegt darin eine enorme politische Herausforderung.

Wer eine Meinungsänderung erreichen will, muss überzeugend argumentieren. Immerhin spricht ja etliches dafür, dass Impfen der richtige Weg ist. Zwangsmaßnahmen wären es nicht. Sie provozieren Widerstand, wo es ums Werben bei den Bürger:innen um Zustimmung geht.

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