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Drei junge Flüchtlinge in einem Siemens-Ausbildungszentrum

© dpa/Monika Skolimowska

Debatte um Einwanderungsgesetz: Die Wirtschaft braucht gut ausgebildete Flüchtlinge

Das geplante Einwanderungsgesetz reicht in seiner Form nicht aus. Es ist eine Verschwendung, wenn integrierte Flüchtlinge abgeschoben werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Til Knipper

Auch wenn es viele bis heute nicht wahrhaben wollen, ist es schon seit längerem eine unverrückbare Tatsache: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Daher ist es grundsätzlich begrüßenswert, dass auch CDU und CSU dies trotz des noch bis Sonntag andauernden Wahlkampfs in Bayern jetzt langsam zu akzeptieren scheinen.

Aber reichen die von der großen Koalition Anfang Oktober beschlossenen Eckpunkte für ein Einwanderungsgesetz aus? Oder hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) recht, wenn er den ausgehandelten Kompromiss jetzt für nicht weitgehend genug erklärt und Neuverhandlungen nach der Wahl in Bayern fordert?

Die Einigung der Regierung ist ein Schritt in die richtige Richtung, sie ist aber ein zu kleiner. Dem deutschen Arbeitsmarkt gehen jedes Jahr 300.000 Arbeitskräfte verloren, weil aufgrund der demografischen Entwicklung mehr Menschen in Rente gehen als Berufseinsteiger nachkommen. Der daraus resultierende Fachkräftemangel wird sich in Zukunft noch weiter verschlimmern, weil die bisher hohe Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt aus osteuropäischen EU-Staaten wie Polen und Rumänien abebben wird. Auch dort wächst die Wirtschaft und die Gesellschaft wird älter. Die Jungen werden gebraucht und werden in Zukunft ausreichend Arbeit in der Heimat finden.

Unternehmen brauchen Rechtssicherheit

Ohne Einwanderung aus Drittstaaten werden deutsche Unternehmen ihren Bedarf an Arbeitskräften in Zukunft nicht mehr decken können. Es bräuchte jedes Jahr eine Fachkräftezuwanderung im sechsstelligen Bereich, haben Arbeitsmarktexperten ausgerechnet.

Insofern ist es richtig, dass es künftig für alle Qualifizierten aus Ländern außerhalb der EU möglich sein soll, in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen. So ist es laut Eckpunktepapier der Koalition geplant. Bislang ist dies auf Hochqualifizierte und Fachkräfte in Mangelberufen beschränkt. Qualifizierte sollen unter anderem ein Aufenthaltsrecht für ein halbes Jahr zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland bekommen. Voraussetzung für die Einwanderung nach Deutschland sollen ein anerkannter Berufsabschluss, der Nachweis deutscher Sprachkenntnisse sowie die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts sein.

Wenn eine Ressource auf dem Markt knapp ist, z.B. Arbeitskraft, muss eben mehr bezahlt werden. Das ist der Kapitalismus, den dieselbe Wirtschaft doch so anpreist.

schreibt NutzerIn NeuBolle

Unverständlich bleibt, dass man diese Voraussetzungen nicht auch konsequent auf geduldete Flüchtlinge und Asylbewerber anwenden will, die seit Jahren hier sind, Sprachkurse und Ausbildungen absolviert haben, feste Arbeitsplätze haben und gut integriert sind. Sie und vor allem auch die sie beschäftigenden Unternehmen bräuchten dringend Rechtssicherheit, sonst wird die Bereitschaft der Wirtschaft in Zukunft sinken, ihren Beitrag zur Integration zu leisten.

Daniel Günther hat recht, dass es niemandem zu erklären ist, warum gut Ausgebildete teilweise über Nacht abgeschoben werden und statt ihrer irgendwann andere als Einwanderer kommen sollen, bei denen die Integration wieder von vorne losgeht. Das ist sinnlose Verschwendung von Ressourcen und Lebenszeit.

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