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Hubert Aiwanger (M), und seine Parteifreunde applaudieren bei der Wahlparty der Freien Wähler.

© Tobias Hase/dpa

Debakel über veröffentlichte Wahl-Zwischenstände: CSU fordert Konsequenzen für Hubert Aiwanger

Seit Monaten fällt der Vorsitzende der Freien Wähler immer wieder mit provokanten Aussagen auf. Der Koalitionspartner CSU scheint die Geduld zu verlieren.

Sonntagnachmittag, wenige Stunden vor Schließung der Wahlkabinen: Hubert Aiwanger postet angebliche Wahl-Zwischenstände auf Twitter. Das ist verboten. Aber da die Zahlen suggerieren, die Freien Wähler könnten es mit einigen weiteren Stimmen doch in den Bundestag schaffen, möchte ihr Vorsitzender Aiwanger damit noch schnell zur Wahl aufrufen. Das Veröffentlichen dieser Zahlen könnte eine Ordnungswidrigkeit darstellen – Aiwanger droht jetzt ein Bußgeld von bis zu 50000 Euro.

Obwohl der Tweet nach wenigen Minuten wieder gelöscht wurde, trendete der Hashtag Aiwanger (#Aiwanger), die Medien griffen das Thema auf. Nun könnte man denken, es geht doch nur der Vorsitzende einer Partei, die es nicht in den Bundestag geschafft hat. Aber Hubert Aiwanger ist auch Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident in Bayern.

"Das muss Konsequenzen haben!"

Er trägt dort eine große Verantwortung und fiel schon in den vergangenen Monaten immer wieder mit provozierenden Aussagen auf. Das nervt den Koalitionspartner CSU, der scheint langsam die Geduld zu verlieren. Erste Entlassungsforderungen werden laut.

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Aus dem CSU-Parteivorstand heißt es, Aiwangers Verhalten sei eines Vize-Ministerpräsidenten unwürdig. CSU-Generalsekretär Markus Blume twitterte: „Ein unglaublicher Fall von Wahlmanipulation und Wählerbeeinflussung. Das ist zutiefst undemokratisch und muss Konsequenzen haben!“

"Es häufen sich jetzt die sogenannten Missgeschicke“

Markus Söder sagte in einer Pressekonferenz am Montag dazu: „Dieser Weg der vergangenen Wochen kann auf Dauer nicht akzeptabel sein. Das ist eine innere Belastung einer Regierung und das darf nicht sein.“ Wenige Stunden zuvor hatte Hubert Aiwanger gesagt, bei dem Tweet habe es sich um ein Missgeschick gehandelt. Söder entgegnete darauf: „Ich weiß nicht, ob das ein Missgeschick war. Beim Impfen, bei Klagen, immer wieder hören wir Missgeschicke – es häufen sich jetzt die sogenannten Missgeschicke.“

Vor einigen Monaten war bekannt geworden, dass Aiwanger sich als Einziger im bayerischen Kabinett bisher nicht hat impfen lassen – auch das führte zu kontroversen Diskussionen und Zuspruch von der rechten Seite für die Freien Wähler.

Söder schätzt die Arbeit der meisten Freien Wähler

Söder stellte am Montag klar, dass er den größten Teil der Freien Wähler schätze, vor allem die Kommunalpolitiker:innen, die in der Pandemie großartige Arbeit gemacht hätten. Er appellierte an sie, „dass man nochmal in sich geht, was die dauerhafte Kursbestimmung ist“. Es müsse zur Sachpolitik zurückgefunden werden.

Auch abgesehen von der Person Hubert Aiwanger kritisierte der Ministerpräsident, die vier Prozent der Stimmen, die die Freien Wähler bei der Bundestagswahl zugelegt haben – dieses Potential könne die bürgerliche Mitte gekostet haben. „Natürlich entscheiden die Freien Wähler selbst, ob sie kandidieren. Aber der Anspruch, eine bürgerliche Mehrheit zu sichern, hat durch dieses Engagement nicht zum Erfolg geführt – im Gegenteil.“

Finanzielle oder politische Konsequenzen bleiben abzuwarten

Dieser Kritik mussten sich die Freien Wähler schon vor der Wahl stellen. Dass sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht überspringen würden, war abzusehen. Dadurch seien nun die Stimmen der Wähler:innen, die sonst die Union gewählt hätten, bei dieser Wahl für die Union verloren gegangen.

Hubert Aiwanger reagiert auf den Vorwurf deutlich: Die Freien Wähler seien nicht Schuld am Wahlergebnis anderer Parteien. Sie hätten lediglich versucht, es in den Bundestag zu schaffen, würden nun deutlich gestärkt in die kommenden Landtagswahlen starten und es bei der nächsten Bundestagswahl von einer besseren Ausgangssituation aus wieder versuchen.

Bis dahin muss Hubert Aiwanger wohl weiterhin mit Kritik aus der Union rechnen. Und abwarten, ob sein gelöschter Tweet für ihn finanzielle Konsequenzen haben wird. Und möglicherweise auch politische.

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