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In China meint Rot ein Plus und Grün ein Minus. Eine Anzeigentafel an der Börse in Schanghai.

© dpa

Das Virus und die Börsen: Infizierte Märkte

Verluste von bis zu neun Prozent an einem Tag: Der Kurzsturz an Chinas Börsen verunsichert die Anleger an den Märkten.

Mehr als eine Woche lang hatten die Börsen in China geschlossen, zuerst wegen des Neujahrsfests, dann wurde die Wiedereröffnung wegen des Coronavirus verzögert. Die Börsen in Schanghai und in Shenzhen reagierten am Montagmorgen mit heftigen Verlusten von jeweils rund neun Prozent.

Während Aktien der Industrial und Commercial Bank of China (ICBC) an der Börse in Schanghai am Montag zeitweise sieben Prozent verloren, zeigten die Papiere von Pharmafirmen nach oben. Später beruhigte sich die Entwicklung etwas.

An der Börse in Hongkong blieben die Kurse im Schnitt sogar stabil, an der Wall Street ging es zur Eröffnung am Nachmittag um 0,5 Prozent nach oben. Wohl auch weil die chinesische Zentralbank auf Geheiß der Regierung in Peking umgerechnet rund 156 Milliarden Euro in den chinesischen Geldmarkt und in den Bankensektor pumpte.

Es war die größte Geldspritze seit 16 Jahren. Allerdings laufen der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge gleichzeitig eine große Zahl von Finanzierungen aus, weshalb netto nur umgerechnet 20 Milliarden Euro frisch in die Wirtschaft fließen würden. Trotzdem sorgt dies nach Ansicht von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, für mehr Sicherheit an den Finanzmärkten.

Auch in Frankfurt hat das Virus die Börse weiter fest im Griff. „Das Coronavirus bleibt die große Unbekannte für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Das wird weiter für Verunsicherung sorgen“, sagt David Kohl, Chefvolkswirt beim Bankhaus Julius Bär. Die Verunsicherung auch an der Börse ist groß.

Auswirkungen auf die Weltwirtschaft nicht abzusehen

„Unabhängig von den Stützungsversuchen der chinesischen Notenbank wird sich die Aktienstabilisierung erst dann einstellen, wenn eine Eindämmung des Virus erkennbar ist“, sagt Robert Halver von der Baader Bank.

Auch deshalb sind die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft noch nicht abzusehen. Aber es wird vermutlich Dämpfer geben, zumal für deutsche Firmen, die stark im Export nach China sind.

David Kohl, Chefvolkswirt beim Bankhaus Julius Bär, sagt: „Die Experten rätseln in aller Welt, was die vermeintlichen Effekte für China und die Weltwirtschaft sind. Die unbefriedigende Wahrheit ist: Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine zuverlässige Aussage möglich.“

In China selbst allerdings wird die Wirtschaftsleistung, sagen Nord-LB-Ökonom Krampen und DekaBank-Chefvolkswirt Kater, im ersten Quartal wohl zurückgehen. Was dann die Zunahme des Bruttoinlandsproduktes für das gesamte Jahr auf 4,5 Prozent drücken würde. „Die von der chinesischen Regierung angestrebte Marke von sechs Prozent rückt nun aber in weite Ferne“, sagt Krampen.

Wichtig ist nach Einschätzung von Kater, wie die Fabriken in China wieder anlaufen, nachdem sie mehrere Tage geschlossen waren: „Funktioniert das wieder, wie groß sind die Vorräte?“ Eine Frage dürfte auch sein, ob alle Beschäftigten verfügbar sind. Sollte es Unterbrechungen in den Produktionsketten geben, könnte es zu noch größeren Problemen kommen, fürchtet Kater.

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