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Der CDU-Chef und sein Wahlsieger: Friedrich Merz und Schleswig-Holsteins alter und neuer Ministerpräsident Daniel Günther.

© Tobias Schwarz/AFP

Daniel Günthers Sieg verschiebt Gewichte in der CDU: Nach der Wahl ist vor der Quote

Nach Daniel Günthers Triumph in Kiel redet Friedrich Merz plötzlich von „Diversität“. Nur mit der Konsequenz tut sich der CDU-Chef weiter schwer.

Von Robert Birnbaum

Daniel Günther will da gleich mal was klarstellen. „Ich werd’ dafür werben, dass wir ’ne Quote bekommen“, sagt er.

Das hat Günther zwar immer schon vertreten. Aber seit Sonntagabend hat seine Meinung in der CDU ein völlig anderes Gewicht. Mit 43,3 Prozent hat der Ministerpräsident in Schleswig-Holstein einen Wahlsieg eingefahren, den viele in der Partei sich selbst und erst recht dem Liberalen aus dem Norden so schnell nicht mehr zugetraut hätte.

Der Triumph löst tags darauf im Konrad-Adenauer-Haus denn auch einen kleinen Überbietungswettbewerb in Sachen Superlative aus. Die Skala reicht von „überragend“ (Parteichef Friedrich Merz) bis „bärenstark“ (NRW-Landeschef Hendrik Wüst).

Wüst darf mit aufs Podium, weil er am nächsten Sonntag die enorm wichtige Bastion in NRW verteidigen muss. „Nach der Wahl ist vor der Wahl“, stellt Merz fest und beschwört den „Rückenwind“ aus Kiel.
Ob der ausreicht, damit Wüst den derzeitigen knappen Vorsprung der CDU an Rhein und Ruhr über die Ziellinie bringen kann, ist schwer zu sagen.

Gut erkennbar ist dagegen, dass Günthers Sieg in der CDU selbst Gewichte verschiebt. Die Liberalen in der Partei, nach dem Scheitern ihres Kanzlerkandidaten Armin Laschet ins Hintertreffen geraten, haben plötzlich wieder eine Stimme.

Der flapsige Eckernförder nimmt die Rolle fröhlich grinsend an. „Eine CDU, die sich modern aufstellt, aber auch klare Themen vertritt, hat alle Chancen“, sagt er. Und er sei „sehr froh, lieber Friedrich, dass auch du sagst, wir brauchen diese Aufstellung.“

Der liebe Friedrich widerspricht nicht. Wie denn auch – hat er doch gerade erst selbst berichtet, dass der Kieler Wahlerfolg in den Gremien eine Debatte über Kurs und Erscheinungsbild der Gesamtpartei ausgelöst hat.

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Denn Günther hat gezeigt, dass man kein Starkredner und Haudrauf sein muss, um haushoch zu gewinnen. Seine Strategie in der Regierungszeit wie im Wahlkampf erinnert im Gegenteil stark an jene „asymmetrische Demobilisierung“ aller Konkurrenten, die Merz zu Angela Merkels Zeiten als Quell allen Übels verdammte.

Günther kann sich zugleich zugute halten, den Anspruch an eine moderne Partei nicht nur im Mund zu führen. In Schleswig-Holstein war die Kandidatenliste der CDU paritätisch mit Frauen und Männern besetzt.

Mit Erfolg: Selbst junge, noch wenig bekannte Frauen gewannen strategische Wahlkreise. Sogar SPD-Landeschefin Serpil Midyatli musste ihren Wahlkreis an eine CDU-Newcomerin abgeben, und das im bisher unbezwingbar roten Kieler Osten.

Merz schlussfolgert, für die gesamte CDU sende der Erfolg die Botschaft, dass sie sich breiter aufstellen müsse. Das gelte auch für das personelle Angebot. Es brauche „Diversität in der Darstellung der Union“.

Also ist er jetzt doch für die Quote, die die Satzungskommission schon vor Jahren vorgeschlagen hat?

Da windet sich Merz. Das Wort reizt seine konservative Kernklientel. „Ob wir das so ändern oder so ändern“ beim nächsten Parteitag in Hannover, das werde noch diskutiert. „Mir kommt es auf das Ergebnis an und nicht den Weg.“

Günther kommt es genau auf den Weg an. „Das geht nicht ohne Quote“, sagt er kurz und bündig.

Ob er nicht fürchte, wird Merz bei der Gelegenheit gefragt, dass ihm mit einem 48-Jährigen wie Günther oder demnächst dem noch zwei Jahre jüngeren Wüst ernsthafte Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur erwüchsen?

Merz lacht laut auf. Typisch Journalisten, soll das Lachen sagen, spekulieren heute schon über 2025!

„Ich freu’ mich über jeden, der Erfolg hat“, antwortet er schließlich, und dass es um Landtagswahlen gehe und nicht um den Bundesvorsitzenden. Aber in seinem grauen Anzug und mit seinen Vorstandsvorsitzendensätzen wirkt er gerade wirklich vergleichsweise alt.

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