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Politik: "Dabei und doch nicht dabei"

Weltpolitik in der Schweiz: Als der griechische Außenminister George Papandreou in der vergangenen Woche in Bern seinen Schweizer Amtskollegen Joseph Deiss traf, ging es unter anderem um die Lage auf dem Balkan, die globale Sicherheit nach dem 11. September und die Mittelmeerpolitik.

Weltpolitik in der Schweiz: Als der griechische Außenminister George Papandreou in der vergangenen Woche in Bern seinen Schweizer Amtskollegen Joseph Deiss traf, ging es unter anderem um die Lage auf dem Balkan, die globale Sicherheit nach dem 11. September und die Mittelmeerpolitik. Auch die UN-Friedensgespräche auf Zypern sind für die Schweizer von Interesse: Seit Jahren unterstützt die Alpenrepublik die UN-Friedensbemühungen finanziell und mit dem Know-how ihrer Experten. Wenn aber in der New Yorker UN-Vollversammlung über Zypern gesprochen wird, hat die Eidgenossenschaft nichts zu sagen - denn sie ist nicht Mitglied der Vereinten Nationen.

Nur der Vatikan und das international nicht anerkannte Taiwan teilen diesen Sonderstatus. Damit sich das ändert, legt sich die Berner Regierung schwer ins Zeug für eine Zustimmung zum UN-Beitritt, über den die Schweizer Stimmbürger am kommenden Sonntag entscheiden. Eine knappe Mehrheit befürwortet laut Umfragen den UN-Beitritt, rund zehn Prozent der Schweizer sind noch unentschieden. "Die Schweiz ist dabei und gleichzeitig nicht dabei", beschreibt die Regierung in ihrer Stellungnahme zur Volksabstimmung den internationalen Status des Landes. Tatsächlich beherbergt die Schweiz zahlreiche UN-Institutionen - nicht zuletzt das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf. Die Eidgenossenschaft hat seit 1948 Beobachterstatus bei den UN-Hauptorganen und ist Mitglied bei allen UN-Spezialprogrammen.

Die Schweiz ist zwar neutral, aber wegen ihrer zahlreichen Querverbindungen zur Uno alles andere als isoliert. Das ist auch das stärkste Argument der Beitrittsgegner um Christoph Blocher. "Freiheit der Bürger nebst Weltoffenheit ohne Einbindung ist das erfolgreiche Rezept des Kleinstaates Schweiz", erklärte der Chemie-Industrielle und Abgeordnete der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) in der "Neuen Zürcher Zeitung". Blocher behauptete auch, dass sich die Schweiz im Falle eines Uno-Beitritts dem Kommando des UN-Sicherheitsrates "bis hin zum Stellen von Streitkräften" beugen müsse - eine Einschätzung, der Außenminister Deiss vehement widerspricht.

Zur stärksten Waffe der Nein-Sager dürfte die in der Abstimmung am Sonntag geforderte Mehrheit unter den 26 Halb- und Vollkantonen werden, das so genannte Ständemehr. Konservative Kantone wie Glarus, Uri und Schwyz könnten die Initiative ablehnen. Während die Regierung die Schweizer Jugendverbände, die Frauenorganisation "alliance F" und Professoren des öffentlichen Rechts auf ihrer Seite wähnt, glaubt der ehemalige Minister Pierre Aubert seine Landsleute besser zu kennen. Schon einmal, 1986, lehnten die Eidgenossen den UN-Beitritt ab. Obwohl Aubert die Schweizer damals eines Besseren zu belehren versuchte, stimmten 76 Prozent der Bevölkerung und alle Kantone gegen den Beitritt. Auch für den kommenden Sonntag rechnet der Ex-Minister nicht damit, dass sich die Mehrheit der Kantone auf die Seite der Vereinten Nationen schlägt.

Neutral auf Schwedisch

Glasklar will es die Stockholmer Regierung noch nicht formulieren, doch Schweden ist dabei, sich von etwas zu verabschieden, was jahrzehntelang als unantastbar galt: der militärischen Neutralität.Die Generationen unter den Ministerpräsidenten Tage Erlander, Olof Palme und Ingvar Carlsson sind mit der Bündnisfreiheit gut gefahren - auch wenn es nur die halbe Wahrheit war. Während des Kalten Krieges war die Zusammenarbeit mit der Nato ein offenes Geheimnis - zu groß war die Angst vor der Sowjetunion. Mit den anderen Staaten der Europäischen Union arbeitet Schweden seit dem EU-Beitritt 1995 in der Sicherheitspolitik zusammen.

Die Sozialdemokraten unter Führung von Ministerpräsident Göran Persson, die Moderaten, die Christdemokraten und die Zentrumspartei haben sich jetzt auf eine neue sicherheitspolitische Doktrin geeinigt. "Drohungen gegen den Frieden und gegen unsere Sicherheit können am besten durch die Gemeinschaft und das Zusammenwirken mit anderen Ländern abgewehrt werden", heißt es darin. Zwar sagt Außenministerin Anna Lindh: "Es besteht weiterhin die Möglichkeit, neutral zu bleiben." Aber der 11. September hat auch den Schweden gezeigt, dass dies nur noch eine theoretische Möglichkeit ist. Jan Leijonielm, sicherheitspolitischer Experte beim Forschungsinstitut für Verteidigung in Stockholm, schätzt aber, dass es mindestens fünf Jahre dauern wird, bis Schweden einen Antrag bei der Nato stellt. "Die Situation ändert sich aber, wenn Finnland der Nato beitreten würde."

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