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In herzlicher Abneigung zugetan: Markus Söder und Horst Seehofer am Montag in Ingolstadt.

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Update

CSU-Wahlkampf in Ingolstadt: Wie Söder und Seehofer es schafften, gemeinsam aufzutreten

Ministerpräsident Söder und Bundesinnenminister Seehofer haben sich gemeinsam bei einem Wahlkampfauftritt gezeigt. Das hatte einen gewissen Unterhaltungswert.

Von Robert Birnbaum

Der Parteichef? Der Seehofer Horst? Was soll der gemacht haben? Ihm die Schuld für die kommende Niederlage zugeschoben? „Naa“, sagt Markus Söder und bleckt die Zähne in die Kamera, „des hat er nicht gesagt!“ Söder steht im Foyer des Stadttheaters in Ingolstadt, Seehofers Heimat. Gleich werden die beiden gemeinsam auf die Bühne ziehen und einen derart schwungvollen Händedruck austauschen, dass man fast an eine fröhliche Männerfreundschaft glauben könnte – wenn es nicht eine Theaterbühne wäre, und wenn dieses Wochenende nicht gewesen wäre.

Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass sich ein Parteichef und ein Spitzenkandidat eine Woche vor einer entscheidenden Wahl ein Fernduell über die Schuldfrage liefern. „Berliner Werte“ hatte Söder die 33 Prozent für die CSU in der letzten Umfrage genannt und weniger „Ego“ angemahnt. Seehofer hat umgehend daran erinnert, dass den Landtagswahlkampf der Spitzenkandidat verantworte. Das ist in der Sache unbestreitbar richtig, in diesem Zusammenhang aber natürlich nur als ein „Ich war's aber nicht“ zu verstehen.

Söders Wahlkampftermin in Seehofers Revier bekommt vor diesem Hintergrund eine ganz eigene Note. Der örtliche Landtagskandidat muss sich vorab die Frage anhören, ob das nicht eine peinliche Veranstaltung wird. „Ich denk', die beiden sind professionell genug ...“, hofft der Kandidat. Die beiden sind jedenfalls professionell genug, sich vorher zurückzuziehen und kurz die Regie des Abends zu besprechen. Also, erster Akt: Einzug auf die Bühne, Händedruck, breites Lächeln.

Als Zwischenspiel muss der Generalsekretär Markus Blume anschließend die etwa 400 überwiegend älteren Zuhörern auffordern, bloß nicht zu glauben, was in den Zeitungen steht: „Wir seien nervös, unsicher, verzagt“. Stimme nicht, denn von hier und heute in Ingolstadt gehe das Signal aus: „Wenn's drauf ankommt, ist die CSU maximal geschlossen!“ Blume guckt nach hinten zu den Pressetischen, ob auch dort alle das Signal gebührend mitbekommen.

Teilzeitberliner Seehofer

Blume ab, zweiter Akt: Der Spitzenkandidat. Söder hält seine Standardwahlkampfrede, die sich um die Zentralbotschaft dreht, dass dem Superland Bayern ohne die starke Führung der CSU ein trauriges Los drohe. Zwischen Ideologen links und Populisten rechts sei die CSU die einzige Volkspartei. „In Bayern ist das Rückgrat die Christlich-Soziale Union“, ruft Söder. „Ich möchte, dass Bayern Bayern bleibt und nicht ein beliebiges Bundesland wird.“

So weit, so erwartbar. Wer die Rede schon öfter gehört hat, dem fällt allerdings an dieser Stelle eine kleine Veränderung auf. Normalerweise malt Söder seinen Zuhörern hier ausgiebig ein besonders abschreckendes Beispiel für solch ein beliebiges Bundesland aus: Berlin. Ein sehr spezielles Södersches Geisterbahn-Berlin, in dem sie nicht nur keine Flughäfen fertigkriegen, sondern auch sonst sich mit dem Geld der bayerischen Steuerzahler ein bequemes Leben machen. 

In Ingolstadt blitzt Berlin nur zwei Mal ganz kurz als Kontrastmittel auf: Statt arm aber sexy sei Bayern „eher wohlhabend und anmutig“. Und anders als dort habe man in Bayern den Flüchtlingsansturm gut bewältigt. Sonst bleibt die Hauptstadt tabu.

Nach den „Berliner Werten“, obendrein den Teilzeitberliner Seehofer in der ersten Reihe vor sich – Berlin-Bashing kann da im Moment nur zu Missverständnissen führen.

„Was macht Du gegen die große Politik?“

Bleibt noch der letzte Akt oder, mit dessen Darsteller zu sprechen: „das Beiprogramm“. In den Applaus hinein schiebt sich Seehofer auf die Bühne, klatscht gemessen mit und klopft dem Spitzenkandidaten brüderlich auf den Rücken. „Danke, Markus“, sagt der CSU-Chef, lobt den Bezirksratspräsidenten, legt den Ingolstädtern die jeweiligen örtlichen Kandidaten dringend ans Herz, speziell den Sohn seines langjährigen Zahnarztes - „er hat mich auch behandelt, als ich Bundesgesundheitsminister war“ -, und dann dankt er noch mal dem „lieben Markus“ für die „hervorragende Zusammenarbeit“ zwischen München und Berlin.

Klar gebe es auch einmal „Diskussionen“, so wie mit der Kanzlerin zum Beispiel auch. Aber die Ingolstädter sollten sich hier wie da mal keine Sorgen machen: „Wir wissen um unsere Verantwortung für Sie und für unser Land.“ 

Wenn die CSU-Stellwand nicht vor ihm aufgebaut worden wäre, könnte jetzt der Vorhang fallen. Die Aufführung ist vorbei. Der örtliche Kandidat kann aufatmen, die zwei Hauptdarsteller haben professionell geliefert. Fast könnte man denken, es werde alles gut.

Wenn da nur nicht der CSU-Lokalmatador draußen in der Lobby gewesen wäre, der sich mit einem Parteifreund unterhielt über die Lage eine Woche vor der Wahl, und der dazu nur mit der Schulter zuckte: „Was macht Du gegen die große Politik?“ Die, versteht sich, in Berlin. 

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