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Viele Sudanesen protestieren gegen die Machtübernahme der Militärs. Sie werfen der Armee eine Konterrevolution vor.

© REUTERS

Coup im Sudan: Die Putschisten klammern sich an die Macht

Sudans Putschisten-General al Burhan ernennt sich zum Vorsitzenden eines Übergangsrats. Dagegen formieren sich Massenproteste.

Die Bemühungen westlicher Regierungen, den sudanesischen Putschistenführer Abdel Fattah al Burhan zur Revision seines Staatsstreichs zu bewegen, sind gescheitert. Der General berief 14 neue Mitglieder für den Souveränen Rat, dem die Führung des nordostafrikanischen Staates obliegt. Darunter befindet sich weder ein Vertreter noch eine Vertreterin der „Kräfte für Freiheit und Wandel“ (FFC), die vor zwei Jahren den Volksaufstand gegen den Militärdiktator Omar al Bashir organisierten.

Dem Rat soll wie bislang al Burhan selbst und als dessen Stellvertreter Mohamed Hamdan Dagalo vorstehen. Dagalo ist der berüchtigte Kommandeur der „Rapid Reaction Forces“-Miliz. Außerdem gehören dem Gremium drei weitere Militärs, zwei ehemalige Rebellenführer sowie sieben von al Burhan ausgesuchte Zivilisten an. „Das ist kein neues Regime“, kommentiert die sudanesische Ärztin und Aktivistin Sara Abdelgalil. „Das ist eine Konterrevolution.“

Westliche Regierungen hatten gemeinsam mit UN-Chef António Guterres al Burhans Staatsstreich einmütig verurteilt und das Ende ihrer finanziellen Unterstützung angedroht, falls der General seinen Putsch nicht rückgängig mache und den unter Hausarrest stehenden Premierminister Abdalla Hamdok wieder in sein Amt einsetze. Sudanesischen Presseberichten zufolge will Putschistenführer al Burhan Professor Hunud Abia Kadouf als Regierungschef einsetzen, der an der Internationalen Islamischen Universität in Malaysia Jura lehrt.

Kadouf verfügt über keinerlei Regierungserfahrung. Al Burhan hat schon zahlreiche Positionen in der Verwaltung, bei den staatlichen Medien, den Staatsbanken und anderen staatlichen Betrieben neu besetzt. Dabei soll er nicht selten auf Personen zurückgegriffen haben, die bereits unter Diktator Bashir diese Ämter ausgeübt hatten, nach der Revolution vor zwei Jahren jedoch entlassen worden waren.

Ausgetauscht wurden zudem die führenden Mitglieder einer Kommission, die irregulären Finanzgeschäften der Militärs während der 30-jährigen Regierungszeit al Bashirs nachgehen sollte. Ihre Ermittlungen hatten bereits zu Verhaftungen möglicherweise korrupter Militärs geführt.

Die Opposition will nicht mit den Putschisten verhandeln

Als al Burhan auch im Erziehungsministerium entscheidende Stellen neu besetzt hatte, kam es am Sonntag zu Protesten der Lehrergewerkschaft in Khartum, in deren Verlauf Dutzende Pädagogen festgenommen wurden. Für diesen Samstag haben die „Kräfte für Freiheit und Wandel“ wieder zu Massendemonstrationen aufgerufen. Dem Appell waren in der vergangenen Woche Zigtausende gefolgt.

Die Opposition erteilte Verhandlungen mit den Putschisten inzwischen eine Absage. Sie fordern den Ausschluss der Militärs aus der Übergangsregierung und setzen darauf, dass die Massenproteste die Generäle zur Aufgabe zwingen werden. Die Militärs kommen auch finanziell in Bedrängnis. Washington stoppte bereits ein 700 Millionen US-Dollar umfassendes Hilfspaket, im US-Kongress soll in Kürze über die Verhängung von Sanktionen entschieden werden.

Johannes Dieterich

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