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US-Präsident Donald Trump bei seinem Fox-News-Interview am Sonntag.

© imago images/ZUMA Wire

Update

Coronakrise und sinkende Umfragewerte: Trump will tägliche Briefings wiederaufnehmen – und inszeniert sich mit Maske

Die Pandemie setzt Trump unter Druck. In einem Interview spricht er gar über eine mögliche Niederlage im November – und lässt offen, ob er sie akzeptieren würde.

Sinkende Umfragewerte und eine aus dem Tritt geratene Wahlkampagne zeigen: US-Präsident Donald Trump setzt die eskalierende Corona-Epidemie sowie sein Umgang mit den anhaltenden Anti-Rassismus-Protesten erheblich zu. So sehr, dass er sich in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview nicht nur auf das Gedankenspiel einließ, wie er sich im Falle einer Niederlage bei der Wahl im November verhalten würde. Sondern er kündigte am Montag auch an, die Ende April eingestellten Corona-Briefings wieder aufzunehmen.

Ab Dienstag soll es wieder tägliche Pressekonferenzen der Corona-Task-Force im Weißen Haus geben. Zur Begründung verwies Trump aber nicht auf die dramatische Lage in einigen US-Bundesstaaten, sondern auf die guten Einschaltquoten. „Ich machte sie, und viele Leute schauten zu." Dabei habe es "Rekordeinschaltquoten" in der TV-Geschichte gegeben.

Trägt der Präsident künftig Maske?

Die Briefings seien gut dafür geeignet, die Öffentlichkeit über Impfstoffe und Therapiemöglichkeiten zu informieren, sagte Trump weiter. „Also denke ich, dass wir damit wohl morgen starten, ich mache das um 17 Uhr, wie früher - da hatten wir ein gutes Zeitfenster. Viele Leute schauten zu.“

Möglich ist sogar, dass er bei dieser Pressekonferenz auch eine Maske tragen wird. Am Montagnachmittag twitterte Trump ein Foto von sich mit schwarzem Mundschutz. Dazu schrieb er, viele würden sagen, es sei "patriotisch, eine Maske zu tragen, wenn Abstandhalten nicht möglich sei". Und niemand sei patriotischer als er.

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Vor einer Woche erst hatte sich der US-Präsident erstmals bewusst dabei fotografieren lassen, wie er einen Mundschutz trug. Zuvor hatte er den Nutzen von Masken immer wieder öffentlich angezweifelt - und damit viel Kritik auf sich gezogen. Selbst seine eigenen Experten raten dringend dazu.

Trump zweifelt Umfragen an

Generell hat Trump wegen seines Umgangs mit der Coronakrise und den Protesten nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Polizeigewahrsam deutlich an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Laut einer Umfrage der „Washington Post“ und ABC News liegt der designierte Herausforderer Joe Biden derzeit 15 Prozentpunkte vor dem amtierenden Präsidenten.

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Im landesweiten Durchschnitt aller Umfragen sind es 8,6 Prozentpunkte, wie ein Überblick auf der Webseite RealClearPolitics zeigt. Auf ähnliche Werte kommen die Umfrageexperten von FiveThirthyEight.

Trump bezweifelt indes die Aussagekraft dieser Erhebungen. Er werde „nicht verlieren, weil das Fake-Umfragen sind“, sagte Trump in dem überraschend kontrovers geführten Interview mit seinem einstigen Lieblingssender Fox News am Sonntag. „Sie waren 2016 Fake, und jetzt sind sie noch mehr Fake.“

Biden-Team: Unbefugte werden aus dem Weißen Haus eskortiert

In dem Gespräch mit dem Fox-News-Moderator Chris Wallace antwortete Trump auf die Frage, ob er einen Sieg Bidens akzeptieren würde: „Das muss ich sehen. Ich sage jetzt nicht einfach ja.“

Das Wahlkampfteam Bidens reagierte umgehend und erklärte, das amerikanische Volk werde die Wahl entscheiden. „Und die Regierung der Vereinigten Staaten ist perfekt dazu fähig, Unbefugte aus dem Weißen Haus zu eskortieren.“ Der Demokrat Biden hatte bereits im Juni die Befürchtung geäußert, dass Trump eine Niederlage anfechten könnte.

Der Republikaner sprach sich zudem gegen eine vor allem per Briefwahl durchgeführte Abstimmung aus – trotz der sich weiter verschärfenden Pandemie. Eine Zunahme der Briefwahl werde die Wahl zugunsten der Demokraten manipulieren, wiederholte er seine Behauptung, für die er bisher keine Belege vorgelegt hat.

Die Demokraten hoffen auf eine höhere Wahlbeteiligung durch Briefwahl

Die Demokraten erwarten, dass mit der Möglichkeit einer Briefwahl mehr Wähler abstimmen werden, die wegen der Risiken einer möglichen Ansteckung am 3. November lieber zu Hause bleiben. Da die Demokraten die Krise im Allgemeinen ernster nehmen als die Republikaner, könnten sie von einer Briefwahl tatsächlich profitieren.

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Sie vermuten, dass Trump mit seinen Warnungen vor Manipulationen schon jetzt den Boden dafür bereiten könnte, das Ergebnis nicht anzuerkennen. Er wäre der erste US-Präsident, der sich weigert, nach einer Wahlniederlage abzutreten.

Dass Trumps Wiederwahlkampagne schwächelt, zeigte auch die Entscheidung vor wenigen Tagen, seinen Wahlkampfmanager auszutauschen. Statt Brad Parscale leitet jetzt dessen bisheriger Stellvertreter Bill Stepien den Wahlkampf.

US-Medienberichten zufolge soll der Präsident Parscale unter anderem für eine misslungene Rallye in Tulsa/Oklahoma im Juni verantwortlich machen, bei der Tausende Sitzplätze frei geblieben waren. Eine weitere Rallye, die vor rund zehn Tagen geplant war, wurde kurzfristig abgesagt – angeblich wetterbedingt.

Mehr als 60.000 Neuinfektionen am Tag in den USA

Wahrscheinlicher ist aber, dass auch hier zu wenige Anhänger das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus eingehen wollten. Wann und ob die Rallye nachgeholt wird, ist offen.

In dem Interview spielte der Präsident die Coronakrise erneut herunter. Bei der Verschärfung in Bundesstaaten im Süden und Westen des Landes handle es sich nur um „Flammen“ oder gar nur „Glutherde“, die rasch gelöscht würden. Bei vielen der Neuinfektionen handle es sich um „junge Leute, die einen Schnupfen haben“.

Er behauptete weiter, dass „99,7 Prozent“ aller Corona-Patienten „sehr schnell“ wieder gesund würden. Die Medien übertrieben das Problem.

In den USA gab es am Sonntag den sechsten Tag in Folge mehr als 60.000 Neuinfektionen. Insgesamt haben sich damit bereits mehr als 3,7 Millionen mit dem Virus angesteckt, über 140.000 sind an den Folgen gestorben.

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