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In Dresden wurden Polizisten bei einer Corona-Demonstration verletzt.

© Imago/Bernd März

Update

Demos von Corona-Leugnern und Rechten: Zwölf Polizisten in Dresden verletzt – Politiker fordern Konsequenzen

In Dresden gerät eine Demonstration von Corona-Leugnern außer Kontrolle. Polizisten werden attackiert. In Stuttgart wird ein Fernsehteam angegriffen.

Vor etwa einem Jahr begann in Deutschland der erste Lockdown. Anlässlich dieses Jahrestags sind „Querdenker“ und Coronaleugner für bundesweite Demonstrationen unter dem Motto „Es reicht!“ gegen die Corona-Politik der Bundesregierung auf die Straße gegangen.

Das sächsische Verwaltungsgericht in Bautzen hatte eine geplante Großdemonstration in Dresden angesichts der steigenden Infektionszahlen und der zu erwartenden Verstöße gegen Hygiene-Auflagen für verboten erklärt.

Dennoch hatten sich am Samstag hunderte Demonstranten auf den Weg in die sächsische Landeshauptstadt gemacht, darunter auch Rechtsextreme, wie Beobachter vor Ort berichten. Das erklärte Einsatzziel der sächsischen Polizei, „das Verbot der Querdenker-Demonstration durchzusetzen“ und „konsequent gegen Verstöße gegen die sächsische Corona-Schutzverordnung“ vorzugehen, schien schon am frühen Nachmittag zu scheitern.

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Polizisten und Demonstranten in Dresden.
Polizisten und Demonstranten in Dresden.

© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Laut Berichten vor Ort durchbrach eine knapp vierstellige Anzahl an Demonstranten mehrere Polizeiketten und bewegte sich aktuell illegal durch die Dresdner Innenstadt. Die Polizei sprach auf Twitter von einer „dynamischen Lage“ und teilte mit, dass mehrere Wasserwerfer aufgefahren werden, um das naheliegende Impfzentrum zu schützen.

Unterstützt wurden die sächsischen Beamten unter anderem von Polizisten aus Nordrhein-Westfalen. Nach Angaben von Pressevertretern vor Ort soll es auch zu Angriffen und Beleidigungen durch Teilnehmende des nicht genehmigten Aufzugs gegenüber Journalisten gekommen sein. YouTube-Livestreams der Demo in Dresden zeigen ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Demonstranten und Polizeikräften in der Dresdner Innenstadt.

Nach Polizeiangaben vom Samstagabend wurden zwölf Polizisten in Dresden verletzt. Anfangs war die Rede von vier Personen gewesen. Im Laufe des Tages seien 47 Straftaten und 943 Ordnungswidrigkeiten festgestellt worden. Darunter seien unter anderen 17 Widerstände gegen Vollzugsbeamte, neun tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte, sieben Beleidigungen sowie jeweils zwei Verstöße gegen das Waffengesetz und das Versammlungsgesetz gewesen.

Ein 36-jähriger Mann sei vorübergehend in Polizeigewahrsam gekommen. Drei weitere Personen wurden vorläufig festgenommen.

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Für besonders viel Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken sorgte eine Szene, die sich offenbar am Dresdner Altmarkt abspielte. Zu sehen sind mehrere Polizeikräfte aus Nordrhein-Westfalen, die durch eine Kette versuchen, Teilnehmende des unangemeldeten Demonstrationszuges vom Verlassen des Altmarktes zu hindern.

Immer wieder versuchen einzelne Personen durchzubrechen, als Beamte schließlich einen Mann im roten Pullover festnehmen. Daraufhin eskaliert die Situation und immer mehr Demonstrierende gehen auf die Polizisten los. Dabei wird ein Beamter von einem Mann erst getreten und dann in den Schwitzkasten genommen. Als der Polizist zu Boden geht, tritt ihn ein anderer Mann in die Seite.

Ebenfalls für Empörung sorgte eine Videosequenz aus dem YouTube-Livestream des umstrittenen Journalisten Martin Lejeune, der der "Querdenken"-Bewegung nahe steht. Vor laufender Kamera fragt Lejeune einen Mann mit starkem sächsischen Akzent auf dem Altmarkt Dresdens, wieso er heute auf der Straße ist.

Der Mann antwortet "Ich bin auf der Straße, um die Politik zu ändern" und fügt hinzu: "Ich komm das nächste Mal mit einer Waffe und wenn ich zwei umschieße." Damit sind offenbar Polizisten gemeint. Der sächsischen Polizei ist die Szene bekannt, wie sie auf Twitter mitteilte.

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CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter: „Das sind keine Querdenker, sondern gewaltbereite Extremisten. Diese Angriffe gegen Polizisten sind inakzeptabel.“

Auch der Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, verurteilte auf Twitter die Gewalt in Dresden: „Sogenannte Querdenker zeigen ihr wahres Gesicht: Gewaltbereite Extremisten am Werk. Solche Typen müssen die ganze Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen.“

Der stellvertretende Ministerpräsident des Freistaats, Martin Dulig (SPD), zeigt sich in den sozialen Netzwerken entsetzt über die Bilder. „Jeder, der auf dieser verbotenen Demo mitläuft, macht sich gemein mit den verübten Straftaten“, schrieb Dulig auf Twitter.

Linke fordert Sondersitzung des Innenausschusses

Am Sonntag mehrten sich die Forderungen nach Konsequenzen und Aufarbeitung. „Es kamen viele Corona-Leugner, sogenannte Querdenker und organisierte Rechtsextreme nach Dresden, obwohl das Verbot der angezeigten Versammlungen durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt wurde“, kritisierte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Albrecht Pallas. Dennoch sei es rund 1000 Menschen gelungen, durch die Stadt zu laufen und immer wieder Polizeiketten zu durchbrechen. „Erneut wurden aus den Reihen der Querdenker brutal Polizisten und Journalisten angegriffen“, so Pallas. Die Polizei sei nicht in der Lage gewesen, das Verbot der Versammlungen durchzusetzen.

Der Innenpolitiker unterstützt daher die Forderung der Linken nach einer Sondersitzung des Innenausschusses. „Die Ereignisse müssen politisch und parlamentarisch aufgearbeitet werden.“ Der Ausschuss müsse hinterfragen, ob die Taktik von Versammlungsbehörde und Polizei richtig gewesen sei, ob der Kräfteansatz gepasst habe und ob eher hätte eingegriffen werden müssen.

Auch die Grünen im Landtag sprachen sich am Sonntag für eine Sondersitzung des Innenausschusses aus. Aus den Fehlern der Vergangenheit seien offensichtlich nicht die richtigen Schlüsse für die Einsatzkonzepte bei „Querdenken“-Demos gezogen worden, kritisierte der Abgeordnete Valentin Lippmann. „Zum wiederholten Mal ist das fatale Bild entstanden, dass der Staat teilweise vor gewaltbereiten Demokratiefeinden zurückgewichen ist.“

Die Linken im Landtag hatten zuvor angekündigt, einen solchen Ausschuss am Montag zu beantragen. „Ich will wissen, warum das Verbot der Infektionsschutzgegner-Versammlung nicht durchgesetzt wurde“, so Linke-Politikerin Kerstin Köditz. Sie kritisierte Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) als „Pannen-Innenminister“ und forderte nach den jüngsten Ereignissen Konsequenzen.

Holocaust-relativierende Symbole

Auch in Berlin gab es am Samstag Demonstrationen an verschiedenen Orten der Stadt. Außerdem waren zwei Auto-Korsos mit mehreren Hundert Fahrzeugen angemeldet. Nach Polizeiangaben trafen sich „in der Spitze rund 1000 Demonstranten“ vor dem Bundesgesundheitsministerium. „Die Demonstranten haben sich später verstreut und auf 400 verringert“, sagte eine Polizeisprecherin. Angemeldet waren nach Polizeiangaben 50 Menschen.

Die Mehrheit der Demonstranten war mit Masken unterwegs - jedoch nicht alle. Ein Dutzend Gegendemonstranten riefen „Wir impfen euch alle“. Vereinzelt fielen Teilnehmende durch Holocaust-relativierende Symbole wie einen gelben „Ungeimpft“-Stern auf.

Demonstration gegen die Corona-Politik in Stuttgart.
Demonstration gegen die Corona-Politik in Stuttgart.

© dpa/Christoph Schmidt

Die Anti-Corona-Demonstration in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam wurde vor Beginn abgesagt. Teilnehmenden wurde geraten sich den Protesten in Berlin anzuschließen.

Doch trotz Absage versammelten sich etwa 150 Menschen gegen 13 Uhr vor dem Brandenburger Tor in Potsdam. Diese zogen unter den Rufen "Frieden, Freiheit, keine Diktatur!" unerlaubt durch die Potsdamer Innenstadt, wie unser Reporter vor Ort berichtete.

Nach Brandenburger Eindämmungsverordnung sind lediglich stehende Proteste erlaubt. Mehr als eineinhalb Stunden soll sich der illegale Protestzug ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei in der Potsdamer Innenstadt geliefert haben. Laut Beobachtern vor Ort hatten die Beamte lange große Mühe, die Situation in den Griff zu bekommen.

Demo in München aufgelöst

In München löste die Polizei eine Demonstration gegen mit mehreren Tausend Teilnehmern in der Nähe des bayerischen Landtags auf. „Die Demonstration wurden wegen mehrerer nicht-eingehaltener Auflagen polizeilich beendet, also aufgelöst“, sagte ein Polizeisprecher. So sei nicht nur die zugelassene Teilnehmerzahl überschritten worden. Vielfach sei die Maskenpflicht ignoriert und der Mindestabstand nicht eingehalten worden.

Der Aufforderung, die Demo zu verlassen, kamen allerdings nicht alle Teilnehmer nach. „Wir sind gerade dabei, zu schauen, wie wir jetzt damit umgehen“, sagte der Sprecher.

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Ähnliche Szenen wie in Dresden wurden aus Düsseldorf gemeldet. Hier hatten sich ebenfalls mehrere hundert „Querdenker“ vom ursprünglichen Kundgebungsort am Rhein unerlaubt zu einer Spontandemonstration durch die Innenstadt in Bewegung gesetzt und einzelne Polizei-Ketten durchbrochen. Dabei kam es zu Handgemengen mit Beamten. Auch in Nordrhein-Westfalen wirkten die Einsatzkräfte überfordert.

Wohnmobil-Korso kurvt durch Düsseldorf

Am Düsseldorfer Landtag kamen nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen zusammen. Außerdem wurden mit einem Wohnmobil-Korso Lockerungen der Corona-Maßnahmen gefordert. Mehr als 100 Wohnmobile kurvten dabei durch die Landeshauptstadt, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte.

Auch in Stuttgart kam es zu chaotischen Szenen. Hier hatten sich nach Angaben der Polizei zunächst etwa 1500 „Querdenker“ bei einer angemeldeten Kundgebung eingefunden, um kurz darauf in größeren Gruppen spontan durch die Innenstadt der Landeshauptstadt Baden-Württembergs zu ziehen.

Laut „Stuttgarter Zeitung“ habe die Polizei auch Pfefferspray eingesetzt, um Demonstranten zurückzudrängen. Darüber hinaus berichtet das Medium von einer festgenommen Frau, die zuvor einem Polizisten gegen das Bein getreten haben soll.

Angriff auf Fernsehteam in Stuttgart

Ein Fernsehteam des Südwestrundfunk (SWR) wurde in Stuttgart angegriffen. Wie ein Sprecher der Polizei am Abend sagte, ist das Team mit einem Gegenstand beworfen worden. Verletzt worden sei niemand. Ein Sprecher des SWR bestätigte den Vorfall.

Die Polizei habe den Angriff gesehen und sei auf den Mann zugegangen, so der Sprecher des SWR. Eine Anzeige des Teams sei deshalb nicht erfolgt. Inwiefern sich der Demo-Teilnehmer wegen des Angriffs verantworten muss, konnte der Polizeisprecher zunächst nicht sagen. Das Fernsehteam sei zudem wiederholt verbal angegangen worden.

Auch andere Medienvertreter, die ihre Zelte zur Berichterstattung über die Landtagswahl vor dem Landtag aufgestellt hatten, seien von den Teilnehmern der Demo verbal angegriffen und in Sprechchören als „Lügenpresse“ bezeichnet worden, berichtete die Polizei.

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