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Langeweile, Unterforderung, Einsamkeit - vielen Kindern und Jugendlichen setzt die Pandemie noch mehr zu als Erwachsenen.

© picture alliance/dpa/Lehtikuva

Corona-Aufholprogramm: "Dies alles kostet mehr als zwei Milliarden"

Das Bundeskabinett bringt das Corona-Aufholpaket für Kinder und Jugendliche auf den Weg. Experten sagen: Es reicht nicht, auch Kommunen und Länder sollen helfen.

Von Hans Monath

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB), Heinz Hilgers, hat die Entscheidung des Bundeskabinetts für ein Corona-Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche im Umfang von zwei Milliarden Euro begrüßt. Zugleich forderte er Länder und Kommunen auf, ebenfalls Finanzmittel bereitzustellen. „Es wurde höchste Zeit, dass die Bundesregierung mehr Geld in die Hand nimmt. Ich begrüße das, denn es ist dringend notwendig“, sagte Hilgers dem Tagesspiegel. „Wo es um die Zukunft unserer Kinder geht, hilft ein strenges Sparprogramm nicht weiter, das gilt für den Bund, für Länder und Kommunen“, fügte er hinzu.

Ein Teil der Kinder könne die Krise wegstecken. „Aber Kinder aus belasteten und armen Familien werden in der Pandemie noch weiter zurückgeworfen und benachteiligt“, warnte Hilgers. Nötig seien Sommerschulen und Samstagsunterricht für Kinder, die Stoff nachzuholen haben - und das in möglichst spielerischer Form. „Auch ein großes Ferienprogramm mit Angeboten wie Schwimm- und Sprachkursen, Tanz und Musik könnte helfen, damit Kinder Versäumtes nachholen können.“

Das Geld muss zielgerichtet eingesetzt werden, sagt die Expertin

Auch die Bildungsökonomin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung, bezeichnete aber dessen Volumen als nicht ausreichend: „Dies alles kostet mehr als zwei Milliarden Euro und ist vor allem kein kurzfristiges Projekt – es wird Zeit brauchen“, sagte sie der Zeitung.

Generell sei es „ein wichtiger und richtiger Schritt, mehr Geld für Kinder und Jugendliche einzusetzen, die pandemiebedingt nicht mithalten können“. Dabei sei es wichtig, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt und zunächst identifiziert werde, wer besonders betroffen ist. Dies müssten die Fachkräfte in Kitas, Schulen und in der Kinder- und Jugendhilfe möglichst rasch tun. Darauf aufbauend müssten dann sehr rasch kluge Wege auch virtueller Art weiterentwickelt werden, um diese Kinder und Jugendliche besser zu unterstützen. „Da gilt es innovativ zu denken und zu handeln – gute Ideen dürfen nicht an bürokratischen Strukturen scheitern“, mahnte Spieß.

Setzt sich vor allem für benachteiligte junge Menschen ein: Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.
Setzt sich vor allem für benachteiligte junge Menschen ein: Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.

© obs

Das Aufholprogramm, das das Kabinett am Mittwoch beschließen wollte, soll aus zwei Säulen bestehen: Mit rund einer Milliarde Euro sollen Nachhilfe- und Förderprogramme für Schüler in den Bundesländern unterstützt werden.

Es wird davon ausgegangen, dass jeder vierte Schüler Lernrückstände aufzuholen hat. Mit dem Fördergeld sollen die Länder bestehende Programme ausbauen können, etwa Sommercamps und Nachhilfekurse während des Schuljahrs. Die Kurse könnten von Stiftungen, Vereinen, Initiativen, Volkshochschulen, pensionierten Lehrkräfte, Lehramtsstudenten und auch kommerziellen Nachhilfeanbietern übernommen werden.

Kampf gegen die sozialen und psychischen Krisenfolgen

Eine weitere Milliarde ist für die Aufstockung verschiedener sozialer Programme vorgesehen, um die sozialen und psychischen Krisenfolgen für Kinder und Jugendliche abzufedern. Geplant ist unter anderem eine Einmalzahlung von 100 Euro für Kinder aus Familien, die auf Hartz IV angewiesen sind oder nur ein sehr geringes Einkommen haben.

Das Geld soll je nach Bedarf für Ferien-, Sport- und Freizeitaktivitäten eingesetzt werden können. Mehr Geld soll zudem für Sprachförderung an Kitas in sogenannten sozialen Brennpunkten zur Verfügung gestellt werden, weil viele Kinder die Einrichtungen nicht besuchen konnten. Auch eine stärkere Förderung von Schulsozialarbeit, Freizeitangeboten und kostengünstigen Ferienfahrten ist geplant.

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Auch das Deutsche Kinderhilfswerk nannte das Paket völlig unzureichend. „Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen", kritisierte sein Präsident Thomas Krüger. Das werde "bei Weitem nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu decken." Dafür seien die Befunde der Studien über die Auswirkungen der Pandemie auf die physische und psychische Verfassung unserer Kinder zu gravierend. (mit dpa)

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