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Bewundert und geschmäht: Michail Saakaschwili ist ein Politiker mit zwiespältigem Ruf.

© Efrem Lukatsky,dpa

Comeback für den "Sonnenkönig": Georgiens Ex-Präsident Saakaschwili soll Vizepremier in Kiew werden

Saakaschwili soll sich in der Regierung um den Reformprozess kümmern. Aber das Parlament muss zustimmen - und macht Probleme.

Unter den postsowjetischen Politikern ist Michail Saakaschwili eine der schillerndsten Figuren. Der 52-Jährige war Präsident Georgiens und fiel bei seinen Nachfolgern in Ungnade, er betätigte sich in der Ukraine als Gouverneur, überwarf sich dann aber mit den Mächtigen in Kiew. Er gilt manchen als Reformer und anderen als eitler „Sonnenkönig“. Jetzt will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj diesen schillernden Charakter zurück ins Zentrum der Macht holen. Nach seinem Willen soll sich Saakaschwili als Vize-Regierungschef um den Reformprozess kümmern. Damit nähme eine politische Karriere ihren Fortgang, die viele für längst beendet hielten. Aber das Parlament macht noch Probleme.

Nach Kiew hatte es Saakaschwili 2014 im Zuge der Maidan-Revolution verschlagen. Im heimatlichen Georgien zettelten seine politischen Gegner damals Strafprozesse wegen Machtmissbrauchs gegen ihn an. In der Ukraine dagegen war er dem neuen Präsidenten Petro Poroschenko als Berater willkommen. Saakaschwili erhielt die ukrainische Staatsbürgerschaft und trat in Poroschenkos Stab ein. Das ging nicht lange gut und der Gastpolitiker aus dem Kaukasus wurde in die Provinz weggelobt. Im Gebiet Odessa sollte sich Saakaschwili Gouverneur beweisen und aus der Region ein „Laboratorium der Reformen“ machen.

Jedoch, Saakaschwili schien größere Ambitionen zu haben. Immer wieder kritisierte er Politiker in Kiew wegen ihrer Zögerlichkeit und Bestechlichkeit. Besonders Premier Arsen Jazenjuk und Innenminister Arsen Awakow galten die Angriffe. „Ich habe die beiden als Diebe bezeichnet und ich nehme diese Worte auch nicht zurück“, schrieb Saakaschwili damals auf Facebook. Daraufhin wurde es Poroschenko zu viel. Er nötigte den Unruhestifter zum Rücktritt und entzog ihm später auch die Staatsbürgerschaft. Im November 2016 wurde Saakaschwili nach Polen abgeschoben. Das schien es gewesen zu sein.

Verhandler mit dem Währungsfonds

Doch im vergangenen Jahr engagierte sich Saakaschwili plötzlich für den Kandidaten Wolodymyr Selenskyj. Der bedankte sich nach seinem triumphalen Sieg. Er gab Saakaschwili die ukrainische Staatsbürgerschaft zurück. Wozu aber braucht ihn der ukrainische Präsident jetzt? Die Ukraine wird von gewaltigen ökonomischen Problemen heimgesucht, die nur zum Teil mit der Coronakrise zu tun haben. Schon die Jahresbilanz 2019 war katastrophal ausgefallen. Nach einem Jahr von Selenskyjs Präsidentschaft ist der Unterschied zwischen dem „Diener des Volkes“, den der Schauspieler in seiner TV-Serie dargestellt hatte, und dem realen Staatsoberhaupt unübersehbar.

Selenskyj hatte versprochen, er werde die militärische Einmischung Russlands im Osten der Ukraine beenden und seinem Land Frieden bringen. Das ließ sich auch vielversprechend an, inzwischen aber geht nichts mehr vorwärts. Selenskyj hatte ein Ende der Oligarchenherrschaft angekündigt, doch es scheint ihm nicht zu gelingen, die Superreichen politisch zu entmachten. Gleichzeitig werden die Forderungen des Internationalen Währungsfonds immer ultimativer. Er verlangt für Finanzhilfen von acht Milliarden Dollar im Gegenzug Reformen. Jetzt soll Saakaschwili verhandeln. Dass die Mannschaft Selenskyjs künftig an einem Strang ziehen würde, ist kaum zu erwarten. Innenminister ist inzwischen wieder Arsen Awakow, der alte Rivale Saakaschwilis. Der „Dieb“. Die beiden sollen sich arrangiert haben, doch eine Garantie dafür mag niemand übernehmen.

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