zum Hauptinhalt
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) steht in der Diskussion

© Tobias Schwarz/AFP

Christine Lambrechts Hubschrauberflug: Wie Politiker noch besser abheben könnten

Die Regeln der Flugbereitschaft begünstigen Privatreisen, aber nennen sie nicht so. Sollte man das ändern? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Daniel Draken heißt der Kommandeur der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums; Jahrgang 1967, verheiratet, drei Kinder. Ob eines mal mitfliegen durfte? Womöglich. Es wäre ihm zu wünschen. Andererseits: Warum sollten die Kinder von Oberst Draken mitfliegen dürfen, die Kinder anderer Bediensteter nicht? Nur, weil Draken Kommandeur ist?

Es sind keine einfachen Fragen, die Drakens Chefin, Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), mit ihrem jüngsten Helikopterflug aufgeworfen hat. Sie betreffen den Zugang zu staatlich finanzierten Privilegien. Solche sind die Reisemittel der Flugbereitschaft. Der Luftwaffenverband besorgt weltweit Personen- und Materialtransporte.

Seine zweite wichtige Aufgabe ist die Beförderung politischen Personals. Für diesen Bereich bestehen Regelungen, auf die sich Ministerin Lambrecht bezieht, wenn sie weit mehr als ein Mal sagt: Rechtlich sei alles sauber, einwandfrei, vollkommen in Ordnung oder mindestens in jeder Hinsicht unangreifbar gewesen.

Es wird künftig weder Sohn-Flüge in noch Sohn-Fotos aus den Maschinen der Flugbereitschaft geben

Das wird niemand bestreiten wollen. Anderseits wird auch niemand bestreiten können, dass der Sohn im Helikopter ein Bild von sich und damit indirekt von seiner Mutter abgegeben hat, das man besser kein weiteres Mal zeigt. Es wird also künftig weder Sohn-Flüge in noch Sohn-Fotos aus den Maschinen der Flugbereitschaft geben. Folglich erlauben die Regeln etwas, das man in Anspruch nehmen darf, aber besser nicht sollte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Tatsächlich liegt ein wesentlicher Grund für Lambrechts Unglück in der „Richtlinie für den Einsatz von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des BMVg zur Beförderung von Personen des politischen und parlamentarischen Bereichs“. Sie eröffnet den so genannten Anforderungsberechtigten wie Kanzlern, Ministerinnen oder Fraktionschefs die Möglichkeit, für ihre Dienstreisen Begleiter zu bestimmen. Die Richtlinie geht davon aus, dass die Mitreisenden grundsätzlich eine Funktion wahrnehmen, etwa Personenschutz, oder zumindest „im Bundesinteresse“ auf der Passagierliste stehen, dann mit anteiligen Kosten.

„Besondere Gäste“, die wie „persönliche Begleitpersonen“ kostenfrei mitreisen, sind nur für Kanzler, Präsident und die Außenministerin vorgesehen. Lambrechts Sohn ist nichts von alledem, er hob als „sonstiger Begleiter“ ab, der den nach Lufthansatarif berechneten Vollpreis zahlen muss.

Ein Freizeiterlebnis für Männerfreunde oder Thekenkumpels

Der „sonstige Begleiter“ ist regelungstechnisch von so unscharfer Gestalt, dass er sich für private Zwecke nutzen lässt. Egal, ob den Ehepartner, den Sohn oder auf andere Weise Geliebte. Hier schafft die Richtlinie einen Schonraum für Eltern, die ihre Kinder versorgen. Ebenso wie ein Freizeiterlebnis für Männerfreunde oder Thekenkumpels.

Ob man diese Gelegenheit schamfrei ausnutzt oder auf Unerlässliches beschränkt, bleibt den Anforderungsberechtigten überlassen. Hier eröffnet sich die Spannbreite der politischen Diskussion, die Lambrecht derzeit zu ertragen hat. Das Argument der Rechtmäßigkeit, das die Ministerin so häufig strapaziert, spielt dafür nicht nur keine Rolle, sondern lenkt vom Thema ab.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Für die Zukunft wäre vorstellbar, die Richtlinie würde den „sonstigen Begleiter“ als das was er ist benennen, nämlich als privaten Begleiter. Damit wäre klargestellt, dass die Flugbereitschaft Plätze für eine nichtdienstliche, familiäre oder freundschaftliche Sphäre ihrer politischen Nutzer zur Verfügung stellt. Menschen, die einem nahe stehen, sind keine sonstigen. Es würde dann auch nicht mehr so wirken, als nutze jemand aus, was ihm eigentlich nicht zusteht. Die Diskussion um Lambrecht könnte anders verlaufen, weil die Richtlinie ihr Handeln dann nicht still und leise zulässt, sondern ausdrücklich dazu berechtigt.

Das Problem dabei wäre: Es könnte wieder Schnappschüsse geben. Und alles wäre womöglich noch viel peinlicher als jetzt.

Zur Startseite