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Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP.

© dpa/Kay Nietfeld

Christian Lindners schwerer Weg: Diese Hürden muss der FDP-Chef bis zur Bundestagswahl meistern

Vom Bedeutungsverlust der eigenen Partei bis zum Kemmerich-Problem – FDP-Chef Christian Lindner kämpft mit großen Schwierigkeiten.

Wenn FDP-Chef Christian Lindner etwas auszeichnet, dann ist es wohl das: sein rhetorisches Talent. Zweifelsfrei zählt er zu den besten Rednern im Bundestag. Freies Sprechen, ohne Manuskript, dafür mit gezielten Kunstpausen, Nachdruck in der Stimme und vollem Körpereinsatz – der 41-Jährige beherrscht das alles problemlos.

Die Begabung wird er gut gebrauchen können in den kommenden Monaten bis zur Bundestagswahl. Denn der einst unangefochtene FDP-Chef ist angeschlagen. „Er hat nicht mehr viel Kredit“, heißt es in der Partei. Grobe Fehler wie zuletzt könne er sich nicht mehr leisten. Gemeint sind damit Patzer wie beim Bundesparteitag im September in Berlin. Dort erlaubte sich Lindner auf offener Bühne einen Herrenwitz auf Kosten seiner bisherigen Generalsekretärin Linda Teuteberg – und verscherzte es sich im wahrsten Sinne des Wortes. Das Medienecho war verheerend. „Unglücklich ist noch untertrieben“, sagt ein Parteistratege rückblickend. „Christian Lindner dürfte die Sache selbst am meisten ärgern.“

Viele Gelegenheiten, es besser zu machen, wird der FDP-Chef nicht mehr haben bis zur Bundestagswahl in einem knappen Jahr. Ob das traditionell wichtige Dreikönigstreffen Anfang Januar in Stuttgart wie gewohnt stattfinden kann, ist wegen Corona ungewiss. Man arbeite an einem „strengen Hygiene- und Sicherheitskonzept“, heißt es in der FDP-Zentrale.

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Mitte Mai folgt der Bundesparteitag, ein weiterer im Spätsommer. Wichtige Termine sind auch die Landtagswahlen im Frühjahr, in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen. Das ist die Roadmap für das Superwahljahr 2021. „Es geht um alles“, heißt es aus der Partei. Bei fünf bis sieben Prozent stehen die Liberalen in den Umfragen. Die FDP kämpft um die politische Existenz – und Lindner um seine Karriere.

Doch der Erfolg der Liberalen hängt nicht allein am Vorsitzenden. Vor allem auf den weiteren Verlauf der Pandemie wird es ankommen. Noch ist die Zustimmung der Bevölkerung zur Corona-Politik der Bundesregierung hoch. Sollte aber ein zweiter Lockdown kommen und eine Pleitewelle durchs Land rollen, könnte das die Stunde der Wirtschafts- und Freiheitspartei FDP sein – so lautet zumindest die Hoffnung der Liberalen. „Freiheit, Wirtschaft, Zukunftschancen und Bürgerrechte“, das seien die wichtigsten Punkte für den Bundestagswahlkampf, sagt Generalsekretär Volker Wissing.

Volker Wissing wurde im September zum FDP-Generalsekretär gewählt.
Volker Wissing wurde im September zum FDP-Generalsekretär gewählt.

© dpa/Peter Steffen

Das FDP-Wahlprogramm soll im Mai verabschiedet werden. Bei dem Parteitag stehen auch Vorstandswahlen an. Viele Liberale erwarten, dass Lindner dann sein Versprechen der „personellen Verbreiterung“ vollendet. Mit Ex-SPD- Mann Harald Christ als Schatzmeister, den beiden neuen Präsidiumsmitgliedern Bettina Stark-Watzinger und Lydia Hüskens sowie ihm selbst als Generalsekretär, so betont Wissing, sei es „schon in diesem Jahr gelungen, unser Präsidium neu aufzustellen“.

Ob Lindner darüber hinaus noch ein paar „Wunderkinder“, wie ein Liberaler sagt, aus dem Hut zaubern kann? „Keiner kommt aus der Deckung“, heißt es in der Partei. Tatsächlich halten sich potenzielle Aspiranten auf einen der drei Stellvertreterposten bislang zurück. Gehandelt werden NRW-Integrationsminister Joachim Stamp sowie die Bundestagsabgeordneten Johannes Vogel und Konstantin Kuhle.

Eine andere FDP-Personalie hat indes das Potenzial, mitten im Wahljahr 2021 zum Riesenproblem zu werden: Thomas Kemmerich – „eine tickende Zeitbombe“, wie es in der Partei heißt. Der 55-Jährige gilt seit seiner AfD-gestützten Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten in der FDP als „toxisch“. Nun will er im November erneut als Landeschef antreten; womöglich wird er auch Spitzenkandidat für die Landtagswahl im April.

Lindner will das verhindern, genauso die Landesvorsitzenden. Die forderten Kemmerich zuletzt zum Verzicht auf. Sollte er dennoch Spitzenkandidat werden, gebe es keine Unterstützung der Bundespartei, drohte Wissing. Damit hat die FDP-Spitze die Causa Kemmerich zur Machtfrage erklärt. Das Problem: Lindner hat keine Handhabe gegen die Thüringer Parteifreunde. Sollten die sich für Kemmerich entscheiden, wäre ihr Landesverband offiziell abtrünnig. „Das ist ein Brandsatz, an dem schon die Lunte glimmt“, sagt ein Insider. Geht der hoch, dürfte es viel rhetorisches Talent benötigen, um das Feuer wieder zu löschen.

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