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Vorerst keine Neuwahlen: Bodo Ramelow (Die Linke) bleibt erst einmal Ministerpräsident von Thüringen.

© imago images/Jacob Schröter

Chaos in Thüringen: Was die Absage der September-Wahl bedeutet

Am Montag wollte der Thüringer Landtag den Weg für Neuwahlen im September freimachen. Das ist gescheitert. Was die CDU jetzt tun muss. Eine Analyse.

Die Einigung stammt noch aus den wilden Tagen. Als Freidemokrat Thomas Kemmerich 2020 von der AfD kurzzeitig zum Ministerpräsidenten gemacht worden war, hatten sich Rot-Rot-Grün und CDU darauf verständigt, in Thüringen vorzeitig neu zu wählen. Ziel: die CDU-Duldung der linksgeführten Minderheitsregierung zu beenden. Dieses Ziel ist nun perdu – schlimm ist es nicht.

Das Ziel der Neuwahl ist perdu - schlimm ist das nicht.

42 Stimmen der rot-rot-grünen Minderheitskoalition plus 21 von der CDU ist gleich 63, drei Stimmen mehr als die nötige Zweidrittelmehrheit zur Auflösung des Landtags, das war die Rechnung. Aber jetzt wollen vier CDU-Abgeordnete nicht mehr. Die Wahl am 26. September, zugleich Tag der Bundestagswahl, ist geplatzt. Die AfD soll ja nicht schon wieder mit ihren Stimmen den Ausschlag geben.

Und nun? Geht’s wohl am besten weiter so. Was insofern eben nicht schlimm wäre, weil das Risiko eines ähnlich schwierigen Wahlergebnisses wie 2019 viel zu hoch ist – und das Land doch regierungsfähig. Das werden ihnen ihre Spitzenkandidaten danken: dass Rot-Rot-Grün und CDU damit in diesem bundesweit wichtigen Wahljahr Abstand zur AfD halten.

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Die FDP auch. Zumal das Trauma der öffentlichen Ächtung – so muss man nennen, was ihr damals geschah – bei den Liberalen tief sitzt. Das war, weil die AfD ihren Mann Kemmerich mit einem Trick an die Spitze gebracht hatte und der die Wahl (am 5. Februar 2020, einem seither mahnenden Datum) kurzzeitig auch noch annahm. Was für eine dramatische Fehleinschätzung.

Die CDU hatte mit dem Stabilitätspakt das Irrlichtern beendet. Jetzt kann sie noch mehr Verantwortung zeigen

Wäre damals sofort neu gewählt worden, wie es die Linke zunächst wollte, hätte es die CDU viel, ja nahezu das Überleben kosten können. Das wird heute zu schnell vergessen, nur nicht in Thüringen. Immerhin hatten die dortigen Christdemokraten die Wahl von Kemmerich billigend hingenommen und für ihre Widerständigkeit am Ende sogar Bundeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer geopfert. Die scheiterte mit ihrem Einspruch, obwohl sie eigens nach Erfurt gekommen war. Das bleibt als Makel.

Bis sie sich in der CDU eines Besseren als dieser Irrlichterei besannen. Weil die rot-rot-grüne Minderheitskoalition für die Ministerpräsidentenwahl auf Stimmen der Christdemokraten angewiesen war, handelte der Linke Bodo Ramelow mit der CDU ihre Unterstützung aus, etwa beim Haushalt. Der sogenannten Stabilitätspakt sollte bis zu baldigen Neuwahlen gelten.

Nun endet der Pakt formal mit Beginn der parlamentarischen Sommerpause, aber die CDU kann noch einmal zur Verantwortung zurückfinden: erst das Land, dann die Partei. Und da stört auch weniger, dass die vier Abgeordneten vielleicht nur lieber ihre Mandate behalten wollen.

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