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Der Grünen-Politiker Cem Özdemir im Bundestag.

© Annette Riedl/dpa

Cem Özdemir warnt: "Keiner ist in der Türkei sicher"

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir vermutet hinter dem Rauswurf deutscher Journalisten aus der Türkei innenpolitische Gründe. Erdogan brauche die Eskalation.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir hat die Türkei als "Willkürstaat" kritisiert. "Keiner ist in der Türkei sicher, weder Deutsche noch Nichtdeutsche", sagte Özdemir am Montag im Deutschlandfunk. Das Land sei kein Rechtsstaat. Nach dem Arbeitsverbot für mehrere deutsche Korrespondenten in der Türkei mehren sich Forderungen nach konkreten Konsequenzen. Regierungssprecher Steffen Seibert sowie das Auswärtige Amt äußerten sich dazu allerdings am Montag in Berlin zurückhaltend.

Die Türkei hatte die Akkreditierungen mehrerer Korrespondenten nicht verlängert. Betroffen sind der Korrespondent des ZDF, Jörg Brase und des "Tagesspiegel", Thomas Seibert. Beide kehrten am Sonntag nach Deutschland zurück, da sie mit der Akkreditierung auch ihre Aufenthaltserlaubnis verloren. Ebenfalls die Akkreditierung verweigert wurde dem NDR-Korrespondenten Halil Gülbeyaz. Zahlreiche weitere europäische Journalisten in der Türkei warten noch auf eine Entscheidung der Behörden.

Özdemir kritisierte die Türkei vor diesem Hintergrund als "Willkürstaat". "Keiner ist in der Türkei sicher, weder Deutsche noch Nichtdeutsche", sagte er im Deutschlandfunk. Der Grünen-Politiker vermutete politische Erwägungen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hinter der Entscheidung. Die Kommunalwahlen Ende März verhießen nichts Gutes für den türkischen Präsidenten, sagte Özdemir. Daher brauche er eine innen- und außenpolitische Eskalation.

Aus der Türkei hatte es zuvor auch Drohungen mit Festnahmen von Deutschen gegeben, wenn diese sich beispielsweise an der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder anderen "Terrororganisationen" zugeschriebenen Kundgebungen beteiligten.

Nur wirtschaftlicher und politischer Druck könne offenbar helfen, die Erosion von Grundrechten in der Türkei zu stoppen, erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Deutsche Journalistenunion (dju) in Verdi, Tina Groll. "Journalismus ist kein Verbrechen. Diesen Grundsatz gilt es nicht nur in Worten, sondern auch in Taten zu verteidigen", forderte sie an die Politik gewandt. Sonst werde diese dramatische Entwicklung immer weiter gehen.

Can Dündar ruft Medien zu Zusammenhalt auf

Der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar rief die deutschen Medien auf, jetzt nicht zurückzuweichen, sondern gemeinsam Stellung zu beziehen. "Akkreditiert entweder uns alle, oder wir gehen alle gemeinsam", müsse die Botschaft sein. Dündar erinnerte an die Zeit der Militärdiktatur in der Türkei, als 1980 die meisten ausländischen Türkei-Korrespondenten ihre Büros nach Athen verlegt hätten. Der Bundesregierung warf er vor, bisher "nur schwache Reaktionen" gezeigt zu haben.

Seibert sagte, die Bundesregierung nehme das Vorgehen der Türkei "mit Bedauern und auch mit Unverständnis" zur Kenntnis. Er forderte, alle Journalisten müssen ihre Arbeit dort frei ausüben können. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts kündigte an, das Thema solle gegenüber der Türkei weiter zur Sprache gebracht werden. Zu möglichen, konkreten Konsequenzen äußerten sich die Regierungsvertreter allerdings nicht.

Die EU-Kommission forderte die Türkei ebenfalls auf, die Arbeit ausländischer Journalisten nicht zu behindern. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen erfuhr, will die Kommission die Fälle der beiden Journalisten am Freitag beim Assoziierungsrat mit der Türkei in Brüssel ansprechen.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte in Berlin, das Parteipräsidium verurteile den Umgang mit den Korrespondenten "aufs Schärfste". Auch er äußerte sich besorgt über die Verletzungen der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei. (AFP)

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