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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist gegen die Idee einer schwarz-tiefroten Koalition, die auch der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther für erwägenswert hält.

© dpa

CDU und Linkspartei: Wenn Märker Merkel aufmerken lassen

Ostprignitz-Ruppin wagt die schwarz-tiefrote Zusammenarbeit gegen alle Ansagen aus den Parteispitzen, und die bange Frage ist: Was, wenn's klappt? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ostprignitz-Ruppin – wer diesen Landstrich in Brandenburg noch nicht kannte, dem sei gesagt: Den wird man sich merken müssen. Merken, nicht merkeln, obwohl es etwas damit zu tun hat: Die CDU, wie sie heute ist, eine sozialdemokratische Union der Moderaten, ist – logisch nach so langen Jahren – das Produkt ihrer Vorsitzenden Angela Merkel. Und als solche ist diese Union mit quasi allen koalitionsfähig, von links bis rechts. Da ist es kein Wunder, wenn jetzt in besagtem Ostprignitz-Ruppin CDU und Linke ihre Kooperation schriftlich fassen. Das ist, wenn die Beteiligten ehrlich sind, schon fast eine Koalition. Viel fehlt nicht, es sind nur ein paar Buchstaben weniger.

Daran ist nun mehrerlei geradezu sensationell.

Erstens: Dass sich CDU und Linke das trauen! Obwohl es doch aus der Chefinnenetage andere Signale gab. Nun ist das andererseits hier (noch) keine Bundesangelegenheit, sondern es geht um ein Bundesland, Brandenburg, und das ist sowieso ein anderer Fall. In den Ländern sind die Linken, genauer, ist die Linkspartei, meistens schon so pragmatisch, dass man sie glatt für konservativ halten kann. (Was sie, das mal am Rande, ja auch ist, strukturkonservativ nämlich.) Insofern passen CDU und Linke durchaus zusammen. Wie sich auf gemeindlicher Ebene ja schon zeigt, bloß dass niemand darüber so laut spricht. Oder sprechen soll.

Die SPD kann das Fürchten anfangen

Zweitens: Brandenburg. Ein ursozialdemokratisches Land, jedenfalls nach der großen Wende, gerät unters Brennglas. Was, wenn das da klappt? Dann ist die nächste Landtagswahl möglicherweise nicht nur – was ja an sich schon viel wäre – das Ende einer stolzen Riege von SPD-Ministerpräsidenten. Vielmehr könnte man darin die Geburtsstunde einer machtvolle(re)n märkischen Union innerhalb der CDU sehen, außerdem den Beginn einer Neusortierung in der Parteienlandschaft, ein Menetekel für die SPD im Bund. Denn kann sie schon Brandenburg nicht halten, wo will sie es dann überhaupt noch schaffen?

Drittens: In einem Jahr ist Wahl in Brandenburg. Und was bisher von vielen auf Bundesebene vielleicht eher als lokales Ereignis eingestuft wurde, erhält enorme Bedeutung. Wer hier gewinnt, gewinnt mehr als dieses Land. Auf den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke kommt die Herausforderung seines Lebens zu, wie umgekehrt auf den christdemokratischen Konkurrenten Ingo Senftleben die Chance seines Lebens. Senftleben, der zuweilen sanft reden kann, der den rechten und öfters den richtigen Ton trifft, schließt ja auch schon mal nichts aus. Die Linke in Brandenburg, noch einmal genauer: die Linkspartei, gerät unversehens in eine geradezu komfortable Lage. Bald kann sie sich den Koalitionspartner aussuchen.

Es sei denn, dass das, was gerade mit Blick nach links geschieht, auch nach rechts möglich würde. Teile der märkischen CDU denken schon noch so wie die Gauländer in der AfD. Aber das ist das Thema von morgen. Oder für die Zeit nach der Wahl.

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