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CDU-Landeschef zu grün-schwarzer Politik: „Wir wollen Baden-Württemberg zum Klimaschutzland Nummer eins machen"

Die Verhandlungen beider Landesregierungen drehten sich zu großen Teilen um Klimaschutz. Unklar bleibt die Finanzierung.

Von einem „echten Aufbruch“ sprach am Samstag Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, als sich Grüne und CDU auf eine Fortführung der gemeinsamen Regierung einigten. Am Mittwoch soll der fertige Koalitionsvertrag vorgestellt und am 8. Mai auf den jeweiligen Parteitagen angenommen werden. „Wir wollen Baden-Württemberg mit ganzer Kraft zum Klimaschutzland Nummer eins machen", sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl.

Der Koalitionsvertrag trägt nach dem, was bislang bekannt ist, eine deutlich grüne Handschrift. Bereits vor anderthalb Wochen hatten die Parteien das Kapitel zur Energie- und Klimapolitik weitestgehend fertig verhandelt. Darin hätten die Grünen weite Teile ihrer Vorschläge durchgesetzt, wie Tagesspiegel Background aus Verhandlerkreisen erfuhr.

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Noch in diesem Jahr soll daher ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ mit 200 Millionen Euro jährlich eingeleitet werden und besonders die kommunalen Wärmenetze, die Sanierung landeseigener Gebäude und die Entwicklung klimaneutraler Wohnquartiere fördern.  Weitere Details des neuen Regierungsprogramms sind bereits an die Öffentlichkeit gelangt. Viele entsprechen dem Sondierungspapier, auf das sich beide Parteien Anfang April geeinigt hatten. Demnach soll Baden-Württemberg „spätestens 2040“ klimaneutral werden – im bisherigen Klimaschutzgesetz des Landes war eine Reduktion von 90 Prozent bis 2050 vorgesehen.

Die Grünen hatten bei dessen Novellierung 2020 einige ihrer Regierungsversprechungen nicht in das Gesetz aufnehmen können (Background berichtete). Vieles sei am Widerstand der CDU gescheitert, hatte der nun abtretende Umweltminister Franz Untersteller gegenüber Tagesspiegel Background gesagt: „Es war grenzwertig, was ich an Zeit und Energie investieren musste, um die Eckpunkte unserer Klimaschutzgesetz-Novelle zu verhandeln.“

Finanzierung bleibt unsicher

Nun scheint die CDU allerdings in zahlreichen Punkten zugestimmt zu haben. Dazu gehört, dass die Solarpflicht für Gewerbedächer auch auf neue Wohngebäude erweitert werden soll; außerdem sollen PV-Anlagen entlang von Autobahnen, Zugstrecken oder auf Baggerseen installiert werden.

Auch die Windenergie, die in Baden-Württemberg stagniert, soll mit der Errichtung von 1000 Anlagen im Staatswald bis zum Jahr 2026 wachsen. Bis Ende 2022 will Grün-Schwarz außerdem gesetzlich festlegen, dass mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windräder und Photovoltaik-Anlagen reserviert werden.

Ein Vertreter der CDU zeigte sich gegenüber Tagesspiegel Background kritisch bezüglich der neuen Solarpflicht: Diese sei „kein wirksamer Hebel“, da nur rund ein Prozent neue Wohngebäude jährlich neu errichtet würden. Entscheidender für den Ausbau der Erneuerbaren sei es, dass die langen Genehmigungsverfahren, die dem bisher grün geführten Umweltministerium unterliegen, erheblich beschleunigt würden.

Allerdings stehen viele Inhalte des neuen Koalitionsprogrammes noch unter Vorbehalt, da durch die Corona-Pandemie Milliarden Euro in der Landeskasse fehlen. Die künftige Koalition könne sich „keine großen Sprünge leisten, die mit großen Ausgaben verbunden sind“, so Kretschmann.

Entschieden werden über die Allokation von Geldern soll erst nach einer Steuerschätzung am 12. Mai. Das kritisierte die Landesvorsitzende des BUND in Baden-Württemberg, Sylvia Pilarsky-Grosch: „Jetzt scheinbar durch vermiedene Kreditaufnahme eingesparte Mittel stehen in keinem Verhältnis zu dem Schaden, der ohne massive Investitionen in den Klimaschutz angerichtet wird.“

Rheinland-Pfalz will 100 Prozent Erneuerbare in 2030

Auch in Rheinland-Pfalz haben sich SPD, Grüne und FDP inzwischen offiziell auf eine erneute Ampelkoalition geeinigt, wie am Freitagnachmittag bekannt wurde. Diese Woche soll der ausgehandelte Koalitionsvertrag auf den jeweiligen Parteitagen angenommen werden, am 18. Mai kommt der Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

SPD, Grüne und FDP haben sich in Rheinland-Pfalz auf eine Ampelkoalition geeinigt.
SPD, Grüne und FDP haben sich in Rheinland-Pfalz auf eine Ampelkoalition geeinigt.

© Andreas Arnold/dpa

Die Ampelkoalition geht ebenfalls mit dem Versprechen in die neue Legislaturperiode, Vorreiterim Klimaschutz zu werden. Eine Regierung zusammen mit der CDU hatte die SPD abgelehnt. „Mehr als mit unserer jetzigen Koalition lässt sich für das Klima nicht erreichen“, hatte der SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich jüngst gegenüber Tagesspiegel Background gesagt.

Zwischen 2035 bis 2040 soll Rheinland-Pfalz nun klimaneutral werden, bis 2030 möchte die Regierung den Strombedarf aus 100 Prozent Erneuerbaren decken. Außerdem setzten sich die Grünen mit ihrer Forderung durch, die installierte Windkraftleistungen zu verdoppeln und die Solarenergie zu verdreifachen.

Dazu sollen die Mindestabstände zwischen Windrädern und Häusern von bislang 1100 auf 900 Meter bei neuen Anlagen und beim Repowering von alten Anlagen auf bis zu 720 Metern reduziert werden. Doch es wurden auch Einschnitte gemacht: Da die FDP eine generelle Solarpflicht auf allen Neubauten ablehnte, soll die Pflicht nur für alle gewerblichen Neubauten gelten.

Florence Schulz

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