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Annegret Kramp-Karrenbauer, die Parteivorsitzende der CDU

© Axel Heimken / dpa

CDU-Klausur: Für Kramp-Karrenbauer wird die Zeit knapp

Die CDU-Klausur zeigt: Die neue Parteichefin steht mit Blick auf mehrere Wahlen unter Zeitdruck - sie hat sich noch nicht durchgesetzt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stolze 40 Prozent will sie für die CDU erreichen, die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Unmöglich ist das nicht, eine Volkspartei kann das schaffen. Aber das nur, wenn sie das Ziel flügelübergreifend anstrebt. Das Ziel ist, mindestens bei der CDU, immer die Macht. Sie bietet die Chance auf Veränderung. Und genau da muss die Union aufholen: inhaltlich. Die CDU-Vorstandsklausur findet darum eigentlich gerade noch zur rechten Zeit statt.

Ziemlich bald nämlich kommen lauter Wahlen – Gradmesser dafür, wo die Parteien stehen: für Europa, den Stadtstaat Bremen, drei ostdeutsche Länder. Nach einem Monat im Amt wird es also ernst für Kramp-Karrenbauer, kurz AKK. Nicht allein ihre Partei, die CDU, muss die Prüfungen bestehen – AKK auch. Denn genauer betrachtet war es auf dem Parteitag arg knapp. Nur 17 Stimmen mehr, und das bei einem Haupt-Gegenkandidaten, der erkennbar schwächelte, sind kein Ausweis von Dominanz.

AKK wirkt nicht souverän

Anstatt sich auf Inhalte zu stürzen, um „Begriffe zu besetzen“, so wie weiland unter Heiner Geißler – AKKs Grund zum Parteieintritt –, wird übers Personal gesprochen. Und wie! Friedrich Merz ist so gegenwärtig, dass die Vorsitzende sich schon genötigt sieht, auf ihr Vorschlagsrecht für die Kanzlerkandidatur zu pochen. Souverän wirkt das nicht: Selbstverständliches muss nicht betont werden.

Übersetzt heißt das, dass sich Kramp-Karrenbauer noch nicht durchgesetzt hat. Viele in der CDU, nicht nur vom Wirtschaftsflügel, wünschen sich eine wichtige Rolle für Merz – in der Partei und darüber hinaus. Dass sich AKK eben erst mit Merz über die Mitarbeit in einem Expertenkreis zur sozialen Marktwirtschaft und zu den transatlantischen Beziehungen verständigt hat, trägt nicht zur Beruhigung bei. Das kommt sehr spät. Wer soll glauben, dass es AKK ernst und nicht als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme meint? Kooperation auf Augenhöhe sähe anders aus. Nicht Mitarbeit, sondern Vorarbeit und freie Hand für Merz, das wäre es gewesen. Aber die Gelegenheit hat die neue Chefin verpasst. Das fällt auf sie zurück.

Und dass Merz am neuen CDU-Grundsatzprogramm mitwirken soll? Da gilt, was Carsten Linnemann sagt, einer der Jüngeren mit Perspektive. Der Chef des Mittelstands fordert eine „Politik des gesunden Menschenverstands“, und zwar jetzt. Das wäre eine Politik der zwei Geschwindigkeiten: Grundsatzprogramme müssen sein, zur Selbstvergewisserung und als Orientierungshilfe. Sie sind wichtig für die Seele der Partei. Aber für diese braucht es Zeit, die es kurz vor Wahlen nicht gibt. Deshalb das andere, schnellere Tempo, verbunden mit dem nüchternen Begriff vom Markenkern der CDU: „Soziale Marktwirtschaft“ und „Innere Sicherheit“. Wer dazu rasch konkrete Reformangebote macht, erfüllt den Machtanspruch mit Leben.

Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer „gemeinsam“ die CDU „in den Zustand bringen will, der erfolgreiche Wahlkämpfe zulässt“, wie sie sagt, darf sie niemanden links oder rechts liegen lassen. Nichts und niemand wird sich so schnell von selbst erledigen. Erst recht nicht nach dieser Klausur. Unter Zeitdruck steht vor allen anderen die neue Vorsitzende.

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